One World Flag Eine Welt, eine Flagge

Thomas Mandl will die Welt besser machen. Sein Weg: Eine Flagge, die für alle Nationen der Welt stehen soll. Im Interview hat er uns erzählt, warum eine Flagge und warum er gerade dieses Design genommen hat.

Von: Laury Reichart

Stand: 09.11.2018 | Archiv

Eine Flagge für die ganze Welt | Bild: privat

Warum gibt es eigentlich keine Flagge, die alle Nationen auf dieser Welt verbindet? Diese Frage hat sich Thomas Mandl gestellt und weil ihm kein vernünftiger Grund eingefallen ist, hat er einach so eine Flagge entworfen.

PULS: Wie kam es zu der Idee eine Weltflagge zu machen?

Thomas Mandl: Eines nachts war ich wach gelegen und ich konnte nicht einschlafen, weil ich mir gedacht hab "OK krass, es gibt keine Flagge für die Welt". Und dieser Gedanke hat mich dann ziemlich beschäftigt und das war der Antrieb für mich, in das Thema einzusteigen und mir darüber Gedanken zu machen

Aber es gibt doch die eine oder andere Idee einer Weltflagge oder zumindest Entwürfe dafür. Sogar die UNO hat eine eigene Flagge. Wieso hast du noch Bedarf gesehen?

Klar, die Fahne der UNO ist auch ein Anwärter für eine Weltflagge, allerdings ist die UNO keine unabhängige Organisation. Das heißt die UNO vertritt bestimmte Interessen. Die UNO steht auch teilweise scharf in der Kritik, weil sie es nicht geschafft hat, die Menschen zu vereinen, sodass sie denken "OK, wir haben diese Fahne und das ist ein Symbol der Einheit." Das hat die UNO nicht hinbekommen. Es gibt Soldaten, die auf der Welt herumlaufen mit blauen Helmen mit UNO Flaggen drauf und das alleine ist Zeichen genug, dass die UNO-Flagge sich nicht eignet als "One World Flag". Außerdem sind, glaube ich, nicht alle Länder Teil der UNO.

Wenn man sich die Flagge anguckt, dann sieht man da einen weißen Hintergrund und einen blauen Kreis drauf. Ein sehr schlichtes Design. Warum?

Damit habe ich mich natürlich lange beschäftigt. Weißer Hintergrund stimmt nicht ganz, der ist nämlich semitransparent und das ist das Besondere an der Flagge. Ich habe viel versucht: Ich habe verschiedene Flaggen designt und hab dann gemerkt, dass der blaue Planet auf jeden Fall gesetzt ist. Der blaue Kreis ist der Ort, den wir alle teilen. Der einzige Ort an dem unsere Spezies, der Mensch, überleben kann. Das ist unsere Heimat, unser Planet. Deswegen muss das das Zentrum der Flagge sein. Und irgendwann habe ich mir gedacht: "Ok perfekt ich habe meine Flagge: Blauer Kreis. – Ich brauch nicht mehr".

Das Lustige ist aber, dass die Menschen es nicht schaffen sich zu verständigen über viele Dinge. Die Menschen führen Krieg gegeneinander, sie haben eigentlich keine Einheit, aber sie haben es geschafft, sich auf Flaggendesigns zu einigen und sie haben es geschafft, dass eigentlich alle Flaggen auf der Welt rechteckig sind. Nur die Flagge von Nepal besteht aus zwei Dreiecken und deswegen war für mich klar, wenn du eine Flagge aufhängen willst, dann kann die nicht rund sein. Damit war klar, dass ich einen Hintergrund brauche. Und das war wirklich schwer für mich. Denn wie kann ich als Thomas Mandl in München eine Farbe festlegen für einen Hintergrund, wo ich gar nicht weiß wie sich die Welt weiter verändert. Wo ich gar nicht weiß, was die Mode vielleicht beeinflusst mit Farben und irgendwann habe ich gemerkt, eigentlich brauche ich etwas, dass sich verändert. Ich brauche einen Hintergrund, der sich verändert.

Digital funktioniert das super. Ich habe digitale "One World Flags" schon vor ein paar Jahren gemacht, wo ich einfach Videos dahinter gelegt habe und hab dann natürlich irgendwann bemerkt, wenn ich jetzt wirklich eine Flagge produzieren will, dann muss ich es schaffen, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Erst habe ich gedacht, ich bräuchte einen Spiegel oder einen schauschierenden Stoff. Schauschierende Stoffe haben aber auch nicht alle Farben im Faden, deswegen war das auch nicht das, was ich wollte und ich bin dahin gekommen, dass ich einen transparenten Hintergrund brauche. Sodass man die Welt, wo die Fahne hängt, sieht. Sodass man automatisch eine Flagge hat, die sich verändert, weil sich die Welt verändert und sich die Gesellschaft verändert. Die Grenzen verändern sich. Alles verändert sich.

Aber warum brauchen wir überhaupt eine "One World Flag"?

Wir brauchen eine Flagge für die Welt, weil wir Einheit brauchen auf dieser Welt. Einheit ist wichtiger denn je, weil unser Planet sich auf einen riesigen Schatten zubewegt. Wir können mit Klimaforschern und Soziologen reden. Wir werden in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten vor eine große humanitäre Katastrophe kommen, wenn wir so weitermachen wie jetzt. Um diesen einen gemeinsamen Ort, den wir haben zu bewahren, brauchen wir Einheit und müssen zusammenstehen um wirklich was zu verändern. Diese Einheit braucht ein Symbol. Genauso wie die EU ein Symbol gebraucht hat, genauso wie die Vereinigte Statten von Amerika, wie der Nationalzusammenschluss in Afrika ein Symbol gebraucht hat, genauso wie die UNO ein Symbol gebraucht hat, braucht auch die weltweite Einheit ein Symbol und deshalb braucht es eine "One World Flag".

Du hast gerade von Flaggen als Symbol der Einheit und der Vereinigung gesprochen. Flaggen können aber auch genau das Gegenteil sein. Sie werden auch oft von Nationalisten zur Abgrenzung gebraucht. Du verwendest wiederum die Flagge, ein Symbol, das von Menschen zur Abgrenzung gebraucht und missbraucht wird, um Einigkeit zu symbolisieren. Ist das nicht auch ein Widerspruch?

Das ganze Thema ist total spannend. Es gibt immer eine OUT- und eine IN-Group, wenn du eine Flagge hast. Und ich werde auch bestimmt bald an diesen Punkt kommen, an dem ich mir klarwerden muss: Wer ist eigentlich die OUT-Group für meine "One World Flag"? Es wird Menschen geben, die keine Einheit wollen. Es wird Menschen geben, die kein Herz haben, die keine Menschlichkeit haben und das wird wahrscheinlich die OUT-Group werden. Aber ich werde auf jeden Fall keine OUT-Group haben, die an der Religion, an einer Gesellschaftsschicht oder an einem Einkommen festgemacht wird. Ich will, dass meine "One World Flag" sowohl von einem radikalen Islamisten, als auch von einer orthodoxen Jüdin gewählt wird. Jeder soll sich mit diesem Konzept "Das ist unser Planet, wir sind die Menschen" verständigen können und das Symbol wählen. Natürlich: Es gibt Fahnen, die haben ein komplett unmissverständliches Design und es gibt Fahnen, die haben eine komplett unmissverständliche Botschaft. Die Deutschlandflagge zum Beispiel hat ein unmissverständliches Design. Die Botschaft ist recht klar. Es geht um Deutschland, es geht um den einen Staat, aber das Design finde ich hässlich. Ehrlich gesagt.

Flaggen, da sind wir uns einig, sind immer ein Symbol. Also das Design von Flaggen steht für irgendwas. Die Farben auf einer Flagge stehen für irgendwas. Das Zusammenspiel der Formen steht für irgendwas. Deine Flagge hat ja auch Symbolcharakter. Warum glaubst du, dass so was Abstraktes wie ein Symbol etwas in der realen Welt verändern kann?

Ich glaube, dass Symbolik wichtig ist für die Menschen, um sich zu etwas zugehörig zu fühlen. Damit können sie zeigen, dass sie zu etwas gehören, einfach, um sich ausdrücken zu können. Genauso wie unsere Anziehsachen Symbolik sind, ist auch eine Flagge ein Symbol. Es gibt so viele Leute, die in ihren Schrebergärten Flaggen hängen, weil sie etwas zeigen wollen, das für sie vielleicht auch ein Stück Heimat ist. Das will ich mit meiner Flagge. Ich will, dass die Menschen sich diese Flagge aufhängen, weil sie mit ihr ein Stück Heimat fühlen. Und das Schöne ist, dass man die konkrete Heimat durch meine Flagge sieht und gleichzeitig auch diesen Planeten, also unsere gemeinsame Heimat, symbolisiert durch diesen blauen Kreis.

Was sind den deine Pläne mit der "One World Flag"? Wie soll die in die Welt kommen?

Was mir wichtig ist: Ich will, dass diese Narrative, diese Geschichte der "One World Flag" weiter transportiert wird. Ich will ein Programm aufbauen, ein "One World Flag Ambassador Progamm". Botschafter sollen mit dieser Flagge auf der ganzen Welt unterwegs sein und Geschichten einfangen. Geschichten, in denen es um Einheit, um Hoffnung geht. Ich hätte gerne eine Konferenz irgendwann, auf der diese Geschichten dann zusammengeführt werden. Das sind alles Träume von mir und Visionen.

Ich selbst bin ein visueller Geschichtenerzähler durch meine Fotografie und ich würde gerne mit der Flagge an Orte reisen, die in Krisen sind. Orte, die sogar im Krieg sind. An Grenzen von Staaten mit unterschiedlichen Meinungen. Da fallen mir die Ukraine und Russland ein, oder Nord- und Südkorea. Ich würde gerne nach Tibet mit dieser Flagge, an die Grenze von Mexiko zu den USA. Ich will an Orte reisen, die keine klare Einheit haben und dort auch diese Flagge fotografieren. Die Flagge wird an bestimmten Orten aufgehängt werden. Es sind schon tolle Orte in der Planung. Auch in München und so soll es weitergetragen werden.

Was sagst du zu jemanden, der dir vorwirft, dass das alles zu idealistisch ist?

Wenn jemand zu mir sagt ich bin ein Gutmensch, Träumer oder Weltverbesser, dann sag ich: Wenn mir jemand sagt, ich kann die Welt nicht verbessern, dann sag ich, ich werde es aber. Ich mach das was ich tun kann und das fließt auch in all meinen anderen Arbeiten immer mit ein. Ich will zumindest meinen Teil dazu beitragen, dass Einheit gefördert wird und neue Hoffnung gegeben wird.

Sendung: Filter am 08.11.2018 ab 15 Uhr