Bayern 2 - Zum Sonntag


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Jesus-Art statt Ausgrenzung? Über den Umgang mit der AfD

Wie soll man mit der AfD umgehen? Diese Frage wird in der Politik, aber auch in den Kirchen diskutiert. Ein Ergebnis: Wer sich in der AfD engagiert, kann nicht zugleich in der Kirche engagiert sein. Hans-Joachim Vieweger hält das für falsch.

Von: Hans-Joachim Vieweger

Stand: 12.04.2024

Hans-Joachim Vieweger | Bild: privat

Vor kurzem habe ich über den FC Bundestag berichtet. In dem Verein spielen Abgeordnete parteiübergreifend zusammen Fußball – bislang sind auch Mitglieder der AfD dabei. Noch – denn der FC Bundestag will AfD-ler künftig nicht mehr in seinen Reihen dulden, so hat es der Verein gerade mehrheitlich entschieden.

Ich finde das irritierend. Der FC Bundestag ist nämlich eigentlich ein gutes Beispiel dafür, dass Politiker eben mehr sind als nur Vertreter von Parteien, die sich im Bundestag die Meinung sagen. Sie sind Menschen, die trotz unterschiedlicher Meinungen über gemeinsame Interessen miteinander verbunden sind. Und es ist gut, dass die Parteipolitik dann auch mal hintanstehen muss.

Nun aber heißt es Ausgrenzung. Da sagen Abgeordnete, mit Leuten von der AfD rede ich nicht, denen gebe ich nicht mal die Hand. Damit aber gibt man Grundprinzipien für ein menschliches Miteinander auf. Gerade wer der AfD vorhält, extremistisch zu sein und sich nicht an demokratische Spielregeln zu halten, sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen – christlich gesagt: mit Liebe statt Hass.

Jesus als Vorbild

Jesus ist da das beste Vorbild. Er hat keineswegs alles gutgeheißen, was seine Zeitgenossen so alles getrieben haben, manchen hat er gehörig die Meinung gesagt – aber dabei immer deutlich gemacht, wie sehr er den Einzelnen schätzt. Was wäre gewesen, wenn Jesus die Parias seiner Zeit gemieden hätte, wie zum Beispiel Zöllner, die mit den römischen Besatzern kollaborierten? Wir wüssten nicht von einem Menschen wie Zachäus, der durch die Begegnung mit Jesus ein ganz neues Leben beginnt.

Von Jesus lernen anstatt auszugrenzen – das sollte natürlich in erster Linie für die Kirchen gelten. Denn sie wissen durch das biblische Zeugnis, dass jeder von uns in Gottes Augen kritikwürdig ist, keiner so gut, dass er vor Gott bestehen könnte. Jeder von uns kann nur dankbar dafür sein, dass Gott uns als Menschen liebt, auch wenn wir in Gedanken, Worten und Werken, wie es in der Liturgie heißt, oft kräftig daneben langen.

Dazu passt meines Erachtens nicht, dass nun AfD-Mitglieder mancherorts von der kirchlichen Mitarbeit ausgeschlossen werden. Dass ein Pfarrer wegen seiner Stadtrats-Kandidatur auf einer AfD-Liste mit einem Disziplinarverfahren belegt wird. Oder dass Ehrenamtliche erklären sollen, dass sie sich nicht in der AfD engagieren.

Unterscheiden zwischen Respekt vor der Person und Kritik in der Sache

So problematisch auch ich viele Forderungen der AfD finde, entsetzt bin über manch hasserfüllte Rede und vor allem das politische Vorgehen der Partei – wenn Kirche es mit der Nachfolge Jesu ernst meint, darf sie bei aller berechtigter Sorge um die Demokratie nicht ausgrenzen. Sie sollte wie Jesus unterscheiden zwischen Respekt vor der Person und Kritik in der Sache. Dazu kommt, dass es Christen gibt, die sich bei der Abwägung, bei welchen Themen sie sich politisch am besten vertreten fühlen, bei der AfD landen. Das mögen Christen in anderen Parteien ganz schrecklich finden, doch sie sind bei aller Unterschiedlichkeit Schwestern und Brüder im Glauben.

Auf die gesellschaftliche Ebene gehoben: Viele beklagen eine zunehmende Polarisierung, gerade auch durch die AfD. Umso wichtiger ist, dass wir gemeinsam im Gespräch bleiben, selbst wenn das manchmal anstrengend ist. Aber es gehört zum demokratischen Diskurs – und zu einem respektvollen Miteinander. Und das eben auch im Fußball und in der Kirche.


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