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Das Thema Heilpflanzen in der Medizin

Stand: 16.04.2014 | Archiv

Benediktinerinnen-Abtei St. Hildegard | Bild: picture-alliance/dpa

Die Nutzung von Naturstoffen in der Medizin spielt seit alters her eine wichtige Rolle. Einer der ältesten Texte, der sich damit befasst, ist der in den 1870er-Jahren von dem deutschen Ägyptologen Georg Ebers (1837-98) in Theben gefundene Papyrus Ebers. Die Schriftrolle entstand um 1550 vor Christus und enthält Beschreibungen von Krankheiten sowie Rezepte zur Herstellung von Heilmitteln.

Heilpflanzen und die frühe Medizin

Im Juli-August blüht das Johanniskraut.

Ein bedeutender Mediziner des griechisch-römischen Kulturraums, der um das Jahr 50 botanisch-phamakologisch forschte, war der Militärarzt Pedanios Dioscurides. Er ist der Verfasser des Werkes Materia Medica, das Hunderte Arzneimittel pflanzlichen Ursprungs und ihre Wirkung beschreibt. Um diese Zeit wirkte auch Plinius der Ältere, ein Universalgelehrter, der in seiner Naturalis Historia das gesamte naturkundliche Wissen seiner Zeit bündelte. Plinius befasste sich unter anderem mit dem Johanniskraut, das heute als "Karrrierepflanze" gilt und zur Behandlung leichter Depressionen eingesetzt wird.

Galenus (ca. 130-200) aus Pergamon, der Gladiatoren behandelte und zum Leibarzt des Kaisers Marc Aurel aufstieg, knüpfte an die Arbeiten des Dioscurides an. Er befasste sich insbesondere mit den Körperflüssigkeiten, die entsprechend der Viersäftelehre (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle) - auch mit Hilfe entsprechender Medikamente - in einem ausgewogenen Verhältnis gehalten werden sollten. Durch die Wirren der Völkerwanderung ging in der Folgezeit viel Heilwissen verloren.

Die Anfänge der Klostermedizin

Benedikt von Nursia (ca. 480-547) gründete zunächst bei Subiaco südlich von Rom und später auf dem Monte Cassino die ersten Mönchsgemeinschaften des Abendlandes. Ein Netz von Klöstern entstand, in denen Heilwissen erhalten und erweitert wurde. Grund: Der Ordensgründer hatte Lesen und Schreiben in den Konventen angeordnet. Im Zuge der Ausbreitung der Benediktiner gelangten viele Heilpflanzen aus dem Mittelmeerraum in den Norden.

Karl der Große (747/48-814) festigte seine Herrschaft, indem er Königsgüter und Reichsklöster förderte und ausbaute. Die Aufgabe der medizinischen Versorgung der Bevölkerung übertrug er den Reichsklöstern, die Krankenstationen errichteten, Kräutergärten anlegten und wie Apotheken arbeiteten. Aus dieser Zeit stammt das Lorscher Arzneibuch, die älteste erhaltene medizinisch-pharmazeutische Handschrift nördlich der Alpen. Sie wurde um 795 im Scriptorium der Abtei Lorsch bei Worms verfasst und gilt mit etwa 800 Rezepten als Standardwerk der mittelalterlichen Klostermedizin.

Kräuterbücher: Wissen, was gut tut

Die Mönche kopierten antike Werke über Kräuter und Heilpflanzen und trugen volkskundliche Heilmethoden aus ganz Europa zusammen. Sie machten sich medizinische Erfahrungen der Bevölkerung zunutze und ergänzten dies durch eigene Beobachtung. Sie stellten Medizin aus heimischen Pflanzen her, verwendeten aber auch Importgewächse aus dem Mittelmeergebiet, die sie in nördlichen Gegenden zu kultivieren versuchten. Das Wissen wurde in Kräuterbüchern gesammelt. Viele dieser Schriften blieben erhalten und belegen das hohe Niveau der Klostermedizin.

  • Der Benediktiner Walahfrid Strabo (ca. 808-849) schrieb im frühen 9. Jahrhundert das botanische Werk Liber de cultura hortorum (Buch über die Kulturen der Gärten), das als Hortulus bekannt wurde. In poetischer Form befasste sich der spätere Abt des Reichsklosters Reichenau mit Aufbau und Pflege eines Klostergartens und widmete sich 23 Heilpflanzen.
  • Das im Mittelalter viel genutzte Kräuterbuch Macer Floridus wird dem Benediktinermönch Odo de Meung zugeschrieben, der im 11. Jahrhundert lebte. Das Werk gibt Auskunft über etwa 80 Heilgewächse.
  • Constantinus Africanus (1017-87), ein arabischer Christ, der um 1080 in den Benediktinerorden eintrat und im Kloster Monte Cassino starb, war als Gewürzhändler aktiv und übersetzte Werke der arabisch-griechischen Medizin. Er verfasste das medizinische Handbuch Liber Pantegni.
  • Zwischen 1150 und 1160 schrieb Hildegard von Bingen (ca. 1098-1179), Äbtissin vom Disibodenberg und Rupertsberg, ihr Wissen - einen Mix aus Mystik und Medizin - nieder.

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