Bayern 2 - radioWissen


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Die dunkle Zeit Glossar

Stand: 21.01.2014 | Archiv

BegriffErklärung
Burg(mlat. burgus = befestigter Platz)
Droht im frühen Mittelalter ein feindlicher Überfall, flüchten die Menschen in die Wälder oder suchen Schutz in Fliehburgen, die von Erdwällen umgeben sind. Wohnhaus und Fliehburg sind nicht selten voneinander getrennt. Erst im 9. Jahrhundert werden beide Elemente zusammengefasst, Türme gebaut und Ringmauern gezogen. Den Anstoß für den Festungsbau dürften die seit Ende des 8. Jahrhunderts stattfindenden Züge der Wikinger gegen die Küsten Europas und ihr Eindringen auf Flüssen landeinwärts gegeben haben. Für das Territorium des ostfränkischen Reiches sind vor allem die Ungarn eine ernste Bedrohung. König Heinrich I. (reg. 919-936) ordnet deshalb den Bau von Burganlagen an. So entsteht eine Kette von Bollwerken, die den Feind abwehren und zugleich Verwaltungsaufgaben übernehmen sollen.
Verantwortlich für den Burgenbau sind Adelige. Sie haben bislang unter den Bauern in den Dörfern gelebt, nun errichteten sie Wohnburgen. Der Burgenbau-Boom erreicht seinen Höhepunkt im 12. Jahrhundert. Die frühen Burgen sind noch recht kleine Bollwerke mit einfachen Holzhäusern, doch bald werden wuchtige Steinblöcke zum Haus- und Mauerbau verwendet. In Bergregionen oder hügeligen Gegenden entstehen Höhenburgen. Sie unterscheiden sich von Anlage zu Anlage sehr stark, denn es muss gebaut werden, wie der Berg es eben zulässt. In den Ebenen errichtet man Wasserburgen, die mit breiten Gräben umgeben sind oder in einen Flussbogen eingepasst werden. Die Funktion der mittelalterlichen Burg ist, verglichen mit der Stadt, sehr einfach. Während Städte die Bedürfnisse viele Bürger, Handwerker, Händler etc. zu berücksichtigen haben, ist die Burg ganz auf die (Schutz-)Ansprüche des adeligen Burgherren und seiner Familie zugeschnitten.
Kloster(lat. claustrum = abgeschlossener Raum)
Wohn- und Arbeitsbereich einer Gemeinschaft von Mönchen/Nonnen; die Gebäude gruppieren sich meist um einen viereckigen Hof, der auf drei Seiten von einem Kreuzgang umschlossen ist, auf der vierten Seite begrenzt ihn die Kirche. Im Mittelalter spielen die Klöster eine wichtige Rolle für die Entwicklung des geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens. Dem Leben der Mönche gibt Benedikt von Nursia Ordnung und Regel. Im Jahr 529 gründet Benedikt auf dem Monte Cassino zwischen Rom und Neapel ein Kloster. Er verlangt Armut, Keuschheit und Gehorsam; für die Mönche gilt "ora et labora". In den Schreibstuben wird antikes Wissen erfasst und gesammelt, Klöster sind im Mittelalter als Wirtschaftsbetriebe beispielgebend. Auch Frauen können in den mittelalterlichen Klöstern wirken, beispielsweise als Dichterinnen oder Chronistinnen. Äbtissinnen üben Grundherrnfunktion aus.
LehnswesenDas Lehnswesen bildet sich im 7. bis 9. Jahrhundert aus. Verdiente Männer/Kämpfer erhalten vom fränkischen König Land zur Nutzung. Im Gegenzug verpflichtet sich der Lehnsmann Kriegdienst zu leisten oder eine Reitertruppe bereitzustellen. Einige Lehnsherren steigen zu Großgrundbesitzern auf und verleihen bald ihrerseits Land. Zwar kann ein Herrscher Lehen jederzeit wieder einziehen, doch im Laufe der Zeit werden sie erblich, was für die Lehnsleute einen beträchtlichen Machtzuwachs bedeutet und ihre Position gegenüber den Herrschern stärkt.
RitterZu Zeiten der römischen Republik ist der Ritter (lat. eques, mlat. miles) ein Reiter, der vom Staat das Geld zum Kauf zweier Pferde und einen Zuschuss zum Futterkauf erhält. Allmählich wird daraus ein Adelstitel mit verschiedenen Rangklassen. Im frühen Mittelalter tritt der Ritter als berittener Berufskrieger auf. Aus militärtechnischen Gründen wird dieser Kämpfertyp für die Herrscher immer wichtiger. Sein Aufstieg hängt aber auch mit einer sich ändernden Einstellung der christlichen Religion zum Krieg zusammen. Zwar hat der Kirchenlehrer Augustinus (354-430) den "gerechten Krieg" längst gutgeheißen, doch Teile der Geistlichkeit halten das Töten eines Feindes nach wie vor für eine Sünde. Das ändert sich im frühen Mittelalter, als Wikinger und Ungarn einfallen, ganze Landstriche verwüsteten und zur ernsten Bedrohung werden. Nun rechtfertigt die Kirche den Kampf gegen die Heiden. Der Heidenkrieg gilt fortan als besonderer Verdienst - am Ende dieser Entwicklung stehen die Kreuzzüge. Geht es gegen die Heiden, fördert die Geistlichkeit den Krieg und das Töten. Weil die Kraft Gottes auf die Waffen der Kämpfer übergehen soll, segnet sie der Priester. So wird aus dem ursprünglichen Schwertsegen die Ritterweihe.
Der Ritter wird Bestandteil der mittelalterlichen Werteordnung mit ihrem hierarchisch gegliederten Ständesystem. Er schwört seinem Lehnsherrn Treue und ist zur Gefolgschaft bei Fehden und zum Kriegsdienst verpflichtet. Im Gegenzug erhält er ein Lehen, also Grundbesitz zur Nutzung. Die Ritter fühlen sich einem besonderen Ehrenkodex verpflichtet. Sie entwickeln spezielle Erziehungsmethoden, Umgangsformen, eigene Feste und eine neue Art von Literatur. Aus dem ritterlichen Lebensstil wird im Hochmittelalter das "Ritterideal" mit der Pflicht zum Waffendienst, zum Gottesdienst und zum Minnedienst. Dazu gehörte die Pflege der Dichtung, verbunden mit der Verehrung eines weiblichen Idealbildes. Zu Ehren der adeligen Herrin dichten Ritter kunstvolle Lieder und tragen sie beim Saitenspiel vor.
StadtDank des Fernhandels kommt es im Mittelalter zu zahlreichen Städtegründungen. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse einer Stadt regelt das Stadtrecht, ihre Hauptmerkmale werden der Markt, die Mauer und die eigene Gerichtsbarkeit. Oft gelingt es den Städten, sich von der Anhängigkeit geistlicher und weltlicher Fürsten zu befreien. Nicht selten bietet die Stadt Unfreien und Hörigen, die sich ihrem Grundherrn entziehen, Zuflucht ("Stadtluft macht frei")
StändeTeile einer Gesellschaft, die sich als Einheit verstehen und sich von anderen Gruppen abgrenzen, werden als Stände bezeichnet. Herkunft, Beruf/Tätigkeit und Bildung entscheiden über die Zugehörigkeit zu einem Stand. Im Mittelalter bilden sich drei Stände heraus: Adel, Geistlichkeit und Bauern. Mit dem Aufkommen der Städte entwickeln sich die Bürger dort mehr und mehr zum dritten Stand.

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