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Ernst Rowohlt Das Thema

Stand: 02.09.2008 | Archiv

Seinen ersten Verlag gründet Ernst Rowohlt 1908, gerade 21 Jahre alt. Kurt Wolff, der große Förderer und Kenner der expressionistischen Dichter ist sein Geldgeber und Kompagnon. 1912 trennen sich die beiden, Rowohlt gründet erst 1919 wieder einen eigenen Verlag, nach Jahren als Prokurist bei S. Fischer. Rowohlt steht nicht, wie Wolff, der Sinn nach expressionistischen Spezialitäten, er veröffentlicht eine bunte Palette von Schriftstellern, darunter auch mal, trotz streng republikanischer Gesinnung, einen ganz Rechten. Rowohlts Begründung:

"Als Verleger habe ich nicht die Berufung, einer bestimmten Politik zum Siege zu verhelfen; meine Aufgabe ist es, wichtige Bücher dem Publikum zugänglich zu machen, Bücher, von denen der Leser einen Gewinn hat."

Ernst Rowohlt

Die schweren Jahre der Weimarer Republik

Mit dem Gewinn der Autoren stand es in den Anfängen der Weimarer Republik nicht zum Besten. Die Inflation fraß die Autorenhonorare auf und Schuld waren, so die Autoren, die geldgierigen Verleger. Die "Weltbühne" schilderte 1923 das Elend der Dichter:

"Sie wollen nicht einsehen, dass sie proletarisiert sind, sie lavieren und sie kommen zu keinem Ende, sie sind kaum noch produktiv und ihre Bücher werden nicht gekauft, ihre Verleger können und wollen nichts für sie tun. Zeitungen haben keinen Raum für sie und wenn sie Raum haben, so zahlen sie erbärmlich. Einzelne Autoren legen sich öffentlich mit ihren Verlegern an, am bekanntesten ist die Auseinandersetzung zwischen Kurt Tucholsky und Ernst Rowohlt. Die schöngeistigen Verlage, unter ihnen Rowohlt, schicken ihren Autoren ein gemeinsames Rundschreiben, in dem sie ihre Schwierigkeiten schildern und ökonomische Bescheidenheit annehmen. Tatsächlich leben fast alle Autoren erbärmlich. Sie bekommen ihre Abrechnungen über verkaufte Bücher halbjährlich oder ganzjährig, in der Zwischenzeit hat die Inflation das Geld schon dezimiert."

Weltbühne

"Mit einer Kälte, einer Stumpfsinnigkeit ohnegleichen sieht der deutsche Verlegerstand seine Geister zu Grunde gehen,"

schimpft der Neuromantiker Herbert Eulenberg.

Natürlich leisten sich einzelne Verleger Ausnahmen, Ernst Rowohlt auch: Er bezahlt Robert Musil monatlich einen bestimmten Betrag, damit der in Ruhe seinen "Mann ohne Eigenschaften" schreiben kann.

Emigration und Neubeginn

Heinrich Maria Ledig-Rowohlt

1938 wird Rowohlt aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und emigriert nach Südamerika, 1946 ist er wieder da. Sein Sohn Heinrich Maria Ledig-Rowohlt bekommt nach dem Kriege die erste Lizenz in allen vier Besatzungszonen. Zusammen mit dem Vater kreiert er das erste Taschenbuch in Deutschland: rororo ist geboren, Rowohlts bleibendes Verdienst zur Popularisierung der Literatur. Die anderen Verleger ziehen nach. In der Sendung geht es nicht nur um ein Lebensbild des Verlegers. Sein Leben und Werk werden gespiegelt auf dem Hintergrund einer Epoche, die praktisch vom Ende der Kaiserzeit über die Weimarer Republik, den Anfang der Naziherrschaft bis hinein in die Bundesrepublik reicht und ein reiches Angebot an literarischen Errungenschaften und Moden präsentiert.


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