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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Freude an der Retoure

Man sollte viel mehr zurückgeben. Retournieren. Label drauf, Strichcode drauf. Fertig. Und schon ist der ungeliebte Gegenstand weg. Wobei: Es lässt sich viel mehr zurückgeben, als man denkt. Mitgliedschaften etwa, zum Beispiel in der katholischen Kirche. Und wäre es nicht schön, wenn man solche Diktatoren wie Putin oder Kim in Nordkorea einfach zurückgeben könnte? Kim und seine Raketen gleich auf den Mond schießen? Putin in eine Festung irgendwo in Russland? Aber aufgepasst: Das ein oder andere lässt sich, wenn man seine Meinung ändert, einfach nicht mehr zurückholen… Eine Glosse von Uwe Pagels.

Von: Uwe Pagels

Stand: 18.10.2023

Gestern kam wieder ein Paket – von einem großen Versandhändler, der fast alles hat, sie wissen schon. Der Name klingt entfernt nach einem brasilianischen Fluss und der Besitzer der Firma ist stinkreich. Das Paket war relativ groß, relativ schwer – aufgemacht, ausgepackt, anprobiert: Pech. Es passt nicht, zwickt, drückt – und man fragt sich zum hundertsten Mal, was hast du da vorgestern Abend wieder bestellt und vor allem: Warum? War etwa der Wein schuld, der neben dem PC auf dem Schreibtisch stand? Kann nicht sein, nur das Bild der – ich gebe zu, Schuhe, sah halt sehr schick aus. In echt – siehe oben.

Gottseitdank gibt es die Retoure , die Rücksendung. Dazu braucht es einen Strichcode, ein Label, eine innenliegende Produktbeschreibung und manchmal auch Porto – und einen Shop, der das rückzusendende Paket gerne annimmt. Weg ist es – Retouren können so schön sein.

Überhaupt sollte man mehr zurückschicken. Sachen, die man gar nicht haben will – nicht nur läppische Schuhe oder vielleicht eine Mütze, nein, vieles lässt sich irgendwie zurückgeben.

Diese Erfahrung macht zur Zeit die katholische Kirche. Gerade eben wurde bekannt, dass der ADAC, die Lobbyvertretung der SUV-Fahrer, inzwischen deutlich mehr Mitglieder hat als jene christliche Vereinigung. Jedenfalls in Deutschland. Und angesichts der vielen Kirchenaustritte muss man konstatieren: Die Menschen haben ihre Kirchenmitgliedschaft einfach zurückgegeben. Retourniert. So wie bei dem Versandhändler mit den Schuhen.

Die Menschen sind der Kirche einfach davongefahren

Nun liegen da diverse Kalauer nahe. Der oder die Deutsche liebt halt sein Auto mehr als seine Kirchenbänke – oder: Engel gibt es noch, nur sind sie jetzt halt gelb, oder in der Kirche gibt es einfach mehr Pannen als bei einem normalen Golf – egal. Die Menschen sind der Kirche einfach davongefahren. Ganz ohne aufgeklebtes Label. Direkt in die Arme des ADAC.

Es wäre so schön, wenn man mehr zurückgeben könnte, auf der Welt. vor allem Dinge, bei denen man gar nicht gefragt wurde, ob man sie haben will. Putin zum Beispiel. Zurück mit ihm nach St. Petersburg, und dort am besten gleich in die Peter-und-Paul-Festung, da wo die ewig gestrigen Kriegsherren verwahrt werden.

Oder diesen dicken Diktator in Nordkorea, Kim. Den könnte man mitsamt seinen Raketen auf den Mond schießen. Wir könnten, weil der Mond nichts unfrankiert annimmt, gern für das Porto sammeln.

Weniger kriegerisch, aber genauso bedenkenswert: Wir geben Andreas Scheuer zurück – oder binden ihn gleich an einer Autobahnraststätte fest, mitsamt seinem Millionen-Maut-Desaster. Oder wir schicken der Ampel eine Ampel zurück – eingepackt in den Koalitionsvertrag. Portofrei nur, wenn sie endlich aufhören, zu streiten.

Wobei: Obacht! Manchmal schickt man auch was weg, was man doch gern behalten hätte. Die englische Königin zum Beispiel, Elisabeth, wäre doch schön, wenn sie wieder da wäre, oder? Oder einmal noch das Fußball-WM-Endspiel von 2014, Deutschland als Sieger – das würde man doch glatt nochmal kaufen. Gibt’s aber nicht mehr. Liegt zu lange zurück. Oder die Rolling Stones auf dem Gipfel ihres Schaffens, in den 70igern. Geht auch nicht, Annahme verweigert, weil es die Band immer noch gibt. Wie den ADAC. Manche Dinge wird man eben einfach nicht mehr los.


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