Bayern 2

     

radioTexte am Dienstag Rund um die Erde zieh‘ ich einen Gürtel (1/5)

William Shakespeare | Bild: picture-alliance/dpa

Dienstag, 12.04.2016
21:05 bis 22:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Mit dem Schwert eines Edelmanns, der Wollmütze eines Handwerksburschen, einem Kelch aus Venedig, einer Eisengabel aus dem Rose Theatre - mit diesen und weiteren Objekten beschreibt Neil MacGregor das aufregende Zeitalter von William Shakespeare, der mit seinen Stücken das Theater revolutionierte.

"Es liegt eine merkwürdige Kraft in den Dingen: Sie können, einmal von uns hergestellt, unser Leben verändern. Heilige Reliquien und geweihte Orte haben diese Kraft. Wir glauben dann neben dem Heiligen zu stehen, ihr Menschsein zu teilen", sagt Neil MacGregor, der ehemalige Direktor des British Museum und neuer Intendant des Humboldtforums in Berlin, über die für sein Buch "Shakespeares ruhelose Welt" ausgewählten Objekte. "Vom Charisma der Dinge bewegt" unternimmt MacGregor eine Reise in Shakespeares Epoche und schildert anhand von mehreren Gegenständen die Erfahrungen von Shakespeares Zeitgenossen, die scharenweise zu den Uraufführungen seiner Stücke in die City strömten. Was verraten das Schwert eines Edelmannes, die Wollmütze eines Lehrlings, der elegante Kelch aus Venedig oder die teure Gabel? Diese Gegenstände geben Auskunft über Status und Stil ihrer Besitzer, die für einen Penny "Viel Lärm um nichts" sehen konnten, um sich so nach Messina versetzen zu lassen oder in der Gesellschaft junger Adliger aus Verona Liebe, Leidenschaft, Verrat und Verschwörung zu erleben. "Ein Gang ins Theater", so MacGregor, "war ein Ausflug ins Traumland". Die vom Autor beschriebenen Artefakte, die zur Feier der historischen Ereignisse ab 1580 hergestellt wurden, dienten auch als Symbole für den Werdegang Englands als aufstrebende Weltmacht in einer von Glaubenskriegen und Globalisierung gekennzeichneten Welt, an die Shakespeare in seinen Stücken immer wieder erinnerte. Wenn Puck in ein "Sommernachtstraum" stolz verkündet, er könne die Welt in kaum mehr als einer halben Stunde umrunden, wussten die damaligen Zuschauer, dass Sir Francis Drakes dramatische und gewinnbringende Weltumseglung drei Jahre gedauert hatte, und dass ihm zu Ehren eine Gedenkmedaille geprägt worden war. Auf dieser Medaille konnten sie Drakes Etappen verfolgen, die Welt als globalen Schauplatz begreifen und stolz verkünden: England erobert die Welt.
Mit Thomas Loibl, Eva Gosciejewicz, Laura Maire, Heiko Ruprecht, Friedrich Schloffer, Helmut Stange und Stefan Wilkening.