12

Strauß und Bayern (1) Folklore oder Vorbild?

Was ist von dem einstigen Übervater der CSU geblieben? Ist er Parteifolklore – oder wirkt er immer noch nach? Um das zu beantworten, haben wir uns mit Vertretern der Jungen Union getroffen, die Strauß zu dessen Lebzeiten nicht gekannt haben konnten.

Von: Irene Esmann

Stand: 29.08.2015 | Archiv

Illu: Franz Josef Strauß und Fragezeichen-Symbol | Bild: Montage: BR

Michael Daniel hat alles akribisch vorbereitet: Übermorgen – am Mittwoch – findet hier im Festsaal in einem Hotel in München Pasing eine Geburtstagsfeier statt: Der 100. von Franz Josef Strauß. Auf der Einladung beschreibt die Junge Union den einstigen CSU-Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten als „König von Bayern“ und als „DNA der CSU“. Voraussichtlich teilnehmen werden Strauß-Weggefährten wie Peter Gauweiler und Gerold Tandler sowie Biograf Werner Biermann.

"Dann wars so gedacht, dass wir, die Junge Union, mit den Gästen einlaufen. Dazu gespielt wird die Sarabande, die ist glaube ich von Händel . Und dazu hat er immer gerne getanzt – auf dem Wiener Opernball zum Beispiel."

Michael Daniel

Gemeinsam mit Alexander Kriebitz und David Illig hat der Vorsitzende des JU Bezirksverbands München West die Veranstaltung in dem mit dunklem Holz getäfelten Saal organisiert. Es gibt Festansprachen, einen Videovortrag, eine Diskussionsrunde.

Schwärmen vom großen Vorbild

Michael Daniel ist Jahrgang 1987 – er wurde ein Jahr vor Franz Josef Strauß` Tod geboren. Die anderen beiden sind noch einmal vier Jahre jünger. Und trotzdem schwärmen sie von Strauß, als hätten sie ihn selbst einmal erlebt. Die Augen der jungen Männer leuchten während ihrer Lobeshymnen auf Strauß:

"Das ist eine der großen Leistungen von Strauß gewesen, volksnah zu sein. Für mich ist es vor allem sein Selbstbewusstsein, seine Rednerkunst. Die ist kabarettreif, das ist einzigartig."

Strauß-Fans in der JU

Strauß, ein Politiker zum Anfassen, ein Unterhaltungskünstler, ein Typ. Ein Mann, der inszeniert wurde – und immer noch wird – besonders wegen seiner Art zu reden. Doch die drei JU-Mitglieder wollen von Folklore nichts wissen. Ihnen geht es auch um die politischen Leistungen:

"Mich persönlich begeistert gerade, dass er es geschafft hat, die internationale Politik mitzugestalten. Man muss sich überlegen, was er für die Einheit geschaffen hat, gerade mit dem Milliardenkredit für die DDR, mit seiner legendären Reise nach Moskau. Für Wachstum und unsere Stabilität, die wir heute in Bayern haben, da hat er viele Grundlagen gelegt, sei es im Bildungswesen oder bei den Finanzen. Er war wirklich ein Politiker, der sich was vorgenommen hatte, was erreichen wollte, und zwar alles für seine bayerische Heimat. Und deshalb erachten wir es auch als Unverschämtheit ,was jetzt versucht wird vor seinem 100. Geburtstag. Diese Rufmordkampagne."

Strauß-Fans in der JU

Rufmord oder Realität?

Rufmord – oder doch Wirklichkeit? Es scheint fast, als wollten die jungen Männer eine - unumstritten vorhandene - Seite des einstigen Übervaters der CSU einfach nicht wahrhaben. Reflexartig entschuldigen die politischen Enkel Strauß' politische Affären und persönlichen Fehltritte:

"Das weiß ich nicht, ob das alles wirklich so drastisch stimmt, wie es ihm vorgeworfen wird. Und ich sehe es schon so, dass seine politischen Erfolge für Bayern viel, viel höher schweben als alles andere. Und es ist peinlich, wenn immer noch gesagt wird: 'Der Strauß, der Strauß.' Also seine politischen Erfolge zählen einfach viel mehr."

Michael Daniel

Dafür dürfte der Jurastudent Michael Daniel viel Widerspruch ernten. Alexander Kriebitz macht gerade sein Diplom in Politikwissenschaften und David Illig will Biochemiker werden.

Plakate kleben für den Übervater

In den letzten Wochen haben sie ihre Zeit aber auch damit verbracht, Plakate zu kleben. Mit dem Konterfei ihres Franz Josef Strauß: Die Einladung zur Geburtstagsfeier sieht aus wie eine typische Wahlwerbung. Und der Bezirksvorsitzende der JU erzählt:

"Es ist bisschen ironisch gemeint, aber als wir plakatiert haben, da habe ich ein recht junges JU-Mitglied gehört, das gesagt hat: So, jetzt kann sogar ich behaupten, dass ich für den Franz Josef Strauß einmal Wahlkampf gemacht habe. Wir sind dem FJS so unglaublich dankbar, und deshalb war's ein gewisser Stolz für uns, für diese tolle Persönlichkeit zu plakatieren und diesen 100. Geburtstag zu veranstalten."

Michael Daniel

Bei so viel Enthusiasmus ist davon auszugehen, dass Franz Josef Strauß selbst in der politischen Generation weiterleben wird, die ihn gar nicht mehr kennengelernt hat. Ein Strauß, um den sich viele Geschichten ranken. Im positiven wie im negativen Sinne.


12