Appetit auf Istanbul Ein kulinarisches Stadtporträt
Die Reportage widmet sich der pulsierenden und vielfältigen Metropole am Bosporus. Hier schlägt das kulturelle, religiöse und kulinarische Herz der Türkei. Fritz Häring, Spitzenkoch aus Tutzing am Starnberger See, besucht Istanbul und gibt auf seiner Reise persönliche Einblicke in die Geschichten seiner Einwohner, trifft auf Rückkehrer und solche, die sich zwischen Deutschland und der Türkei zuhause fühlen.
Filminfo
Originaltitel: Appetit auf Istanbul (D, 2016)
Regie: Stefan Zanev
Redaktion: Andreas Bönte
Länge: 45 Minuten
Für den Literaten Ahmet Doğan, der sich mit der mystisch-muslimischen Strömung des Sufismus beschäftigt, gibt es Lebensbereiche, in denen Kultur weder Nationalität noch Grenzen kennt. Da müsse man "zwischen zwei Kulturen pendeln", sagt Doğan, der zunächst in Deutschland Architektur studierte.
Doğan liebt die Vielfalt Istanbuls - und zugleich habe er "immer einen Koffer in Berlin". Durch Doğan macht der Gastronom aus Tutzing außerdem Bekanntschaft mit einem alten osmanischen Wintergetränk, das heute überwiegend aus Mais hergestellt wird: Boza. Vielen ist der traditionelle Trunk mit leichtem Alkoholanteil aus Orhan Pamuks jüngst auf Deutsch erschienenem Roman (Die Fremdheit in mir, 2016) bekannt. Ein Boza-Verkäufer spielt in diesem die Hauptfigur.
Auf seiner kulinarischen Reise lernt Häring die 15-Millionen-Metropole zwischen Asien und Europa aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln kennen. Er schlendert mit der TV-Producerin Gökçe Saraçoğlu durch die Märkte der Altstadt, begegnet Dr. Hasmet Pamuk, dem Leibarzt des Patriarchen von Konstantinopel, und er lässt sich von Wahrsagerin Birsen in seine eigene Zukunft sehen.
Der Filmemacher Yücel Yolcu (Erzähl Istanbul, 2005) will in seiner Heimatstadt vor allem eines nicht missen: den Zufallsfaktor. "In Istanbul kann sich von heute auf morgen alles ändern", stellt er fest. Der Einzelne sei hier nicht so sehr Getriebener eines vorgegebenen Alltags, sondern die Stadt oder vielmehr das Leben in ihr würden täglich unvorhergesehene Möglichkeiten aufweisen.
Eine kontroverse Debatte über das Leben nach dem Tod liefert sich Yolcu zusammen mit dem Rapper Fuat Ergin, der sich als Agnostiker versteht und Köfte serviert. Der Gastronom aus Tutzing und der Filmemacher helfen bei der Zubereitung des türkischen Klassikers.
Gedreht in gegenwärtigen Zeiten der ständigen Terrorgefahr und staatlicher Repressalien gegen Regierungskritiker in der Türkei, erzählt die kulinarische Reportage von verschiedenen Lebensentwürfen, deren Vielfalt den reisenden Gastronom fasziniert. Durch sie begegnet er dem Zauber, der diese Weltstadt heute ebenso umgibt wie in den vielen Jahrhunderten ihrer bewegenden Geschichte.