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Fit im Alltag Faszientraining – hilft bei Verspannungen und Schmerzen

Wer ein Stück Filet brät, dem wird möglicherweise die hauchdünne, weiße, sehnige Schicht auffallen, die das rote Muskelfleisch umschließt: die Faszien. Lange haben Mediziner diesem umhüllenden und verbindenden Bindegewebe keine Beachtung geschenkt. Mittlerweile ist erforscht, dass Schmerzen häufig durch fasziale Irritationen ausgelöst oder verstärkt werden. Deshalb setzen Physiotherapeuten, Osteopathen oder Sportmediziner oft auf Faszientraining. Reporter Fero Andersen lernt, worauf es bei den Übungen ankommt und trifft Patienten, die ihre Schmerzen mit der Faszienrolle lindern konnten.

Von: Nora Zacharias

Stand: 13.11.2023

Lene Bewersdorf ist Expertin im Faszientraining. Sie hat durch Übungen daheim ihre Schmerzen in den Griff bekommen. Seit ihrer dritten Schwangerschaft mit 40 Jahren hatte sie Probleme im Schulter-Nackenbereich.

"Ich habe dann eine ziemliche Odyssee hinter mir, was Ärzte anging, und dann bin ich Gott sei Dank irgendwann zu meinem Osteopathen gekommen, der mir etwas von Faszien erzählt hat und Übungen gezeigt hat, dir mir im Alltag einfach auch gut weiterhelfen."

Lene Bewersdorf

Lene Bewersdorf hat im Nacken Probleme, aber der Schmerz strahlt in die Schulter aus: "Ich habe hier einen Punkt, der immer sehr sehr weh tut. Und hier setze ich die Rolle an, drücke dagegen und versuche dann die Verklebungen zu lösen."

Faszien sind Teil des Bindegewebes

Faszien durchziehen und umhüllen den ganzen Körper, schützen, wie ein elastischer Stoßdämpfer, bei Bewegung. Sie geben Organen Halt, ermöglichen Muskeln das Gleiten gegeneinander und übertragen Muskelkraft. Verklebte oder verhärtete Faszien können Schmerzen verursachen. Dehnen trennt verklebte Faszien. Die entstehen unter anderem durch falsche Belastung, Bewegungsmangel und durch Stress.

Wenn Lene Bewersdorf sich nicht alleine weiterhelfen kann, geht sie zum Osteopathen. Der hilft an Stellen, an die man alleine mit der Rolle nicht hinkommt. Osteopath Matthias Galatis behandelt sie schon eine Weile.

"Bei ihr ist es so, dass sie im Endeffekt starke Nackenschmerzen hat, vor allem eingeschränkt in eine Richtung. Und die große Frage ist jetzt immer die, wo kommt das her? Im Endeffekt könnte das ein Bandscheibenproblem sein, ein Wirbelsäulenproblem im Allgemeinen. Aber eben auch die Faszien, die auf einer Seite verklebt sind. Wenn ich die Hände am Kopf halte, dann merke ich einfach, dass der Zug deutlich stärker auf der rechten Seite ist. Wenn ich hier ein bisschen dran ziehe oder leicht bewege. Das müssen keine großen Bewegungen sein. Dann merke ich relativ schnell auf welcher Seite sich das Gewebe nicht so gut anfühlt, wie auf der anderen."

Matthias Galatis, Osteopath, München

Triggerpunkte lösen

Faszien haben eine feine, gitternetzartige Oberfläche, ähnlich der feinen Fasern im Inneren einer Orange.

"Wenn wir jetzt alles weiße als Faszien betrachten und das gelbe als Muskeln, dann sehen wir eindeutig das einmal außenherum Faszien sind. Jede Muskelgruppe trennen und in jeden einzelnen Muskel reinziehen. Im Endeffekt ist es eine wunderschöne Verkettung. Wenn ich etwas hinzugebe mit Druck und fixiere, verändert sich die Struktur. Und es könnte durchaus sein, dass an einer Stelle ein Problem ist, dass an einer anderen Stelle zu einem Symptom führt."

Matthias Galatis, Osteopath, München

Auf Grund dieser Faszien-Verkettung behandelt Matthias Galatis nicht direkt den Nacken, sondern hat sich einen maximal verspannten Punkt am Arm gesucht – einen sogenannten Triggerpunkt. Der soll Einfluss auf die Schmerzen im Nacken haben.

Faszientraining in der Schmerztherapie

Patient Franz Stuewe kommt gegen seine Schmerzen im Rücken mit Übungen nicht weiter. Schmerztherapeut Prof. Bauermeister untersucht ihn deshalb mit Hilfe eines Elastographen. Der zeigt, was mit den Faszien nicht stimmt. Der Mehrwert der Untersuchung mit dem Gerät im Vergleich zu einer osteopathischen Behandlung liegt im Detail:

"Einmal bin ich in der Lage tiefer zu untersuchen, was sich dann mit dem Finger nicht mehr tasten kann. Ich kann auch feinere Veränderungen, also millimetergroße Veränderungen, kann ich sichtbar machen."

Prof. Dr. Wolfgang Bauermeister, Schmerztherapeut, München

Die Grundlagenforschung zu Faszien befindet sich noch in den Anfängen, erklärt Prof. Bauermeister, und man müsse noch ein paar Jahre warten, bis man noch mehr wisse. Aber es zeige sich, dass etwa die Faszienrolle wirklich sehr gut helfen könne. Patient Franz Stuewe bemerkt schon Veränderungen durch das Training: "Ich weiß, wo ich dehnen muss, welche Bereiche jetzt speziell gefordert sind. Und so baue ich das in mein Sportprogramm mit ein."

Faszienrolle: Vorsicht vor Überreizung

Faszien brauchen viel Bewegung und Dehnung. Dehnen kann man sich etwa jeden Abend vor dem Fernseher. Je älter man wird, desto häufiger. Mit der Faszienrolle sollte man ein bisschen vorsichtig sein, weil man leicht zu intensiv im Training sein kann, denn die Faszien kann man auch überreizen. Wenn man doch mit der Faszienrolle arbeiten will, besser nicht zu viel Druck ausüben und sich langsam vortasten.

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