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Kinderfilm-Förderung Kleine Strolche, junge Helden

Nehmt die Kinder ernst! Authentisch und lebensnah – so sollen gute Drehbücher sein. Deshalb engagiert sich der Bayerische Rundfunk in der Initiative "Der besondere Kinderfilm" für anspruchsvolle Originalstoffe

Von: Olga-Louise Dommel

Stand: 20.05.2016

Tien im Konfettiregen | Bild: ® Meike Birck, KEVIN LEE Film GmbH 2015

Einen Plan B hat Pauline nicht parat, als sie von dem dreisten Dieb ihr Fahrrad zurückverlangt. Ein Schubser, und sie liegt am Boden. Wie gut, dass ihre Freundin Linh den Radlräuber mit einem gezielten Karateschlag in die Flucht schlagen kann. Die Kinder im Kinosaal flippen aus vor Begeisterung. Linh und Pauline sind die beiden Heldinnen in dem Kinderspielfilm "Ente gut! Mädchen allein zu Haus", den der Bayerische Rundfunk unter Federführung des MDR koproduziert hat, und der am 26. Mai in die Kinos kommt. Der Film, der im Februar schon erfolgreich auf der Berlinale lief und im März auf dem Filmfestival in Montreal den Publikumspreis gewann, ist im Rahmen der Initiative "Der besondere Kinderfilm" entstanden. Sie unterstützt Originalstoffe, die nicht auf bekannten Kinderbüchern oder Marken basieren, sondern als eigenständiges Filmkunstwerk konzipiert sind und Geschichten jenseits von Hexen-, Detektiv- oder Internats-Abenteuern erzählen. Zuerst kommen die Filme ins Kino, danach laufen sie dann im Fernsehen.

Linh und Pauline versöhnen sich

Der BR ist mit der Redaktion Kinderfilm/ Einzelprojekte unter der Leitung von Cornelia Ackers von Beginn an Mitglied der Initiative, an der diverse deutsche Filmförderungseinrichtungen und öffentlich- rechtliche Sender beteiligt sind, darunter WDR, MDR, KiKA und das ZDF. "Der Originalstoff ist ein wichtiger, aber völlig unterrepräsentierter Teil der Kinderfilmlandschaft. Er kommt im Kino so gut wie nicht vor", sagt Cornelius Conrad von der Redaktion Kinderspielfilm. "Film ist ein Geschäft, Leute wollen damit Geld verdienen. Die Frage für Produzenten und Verleiher ist: Wie hole ich möglichst viele Leute ins Kino? Wenn ich bekannte Marken wie ‚Hanni und Nanni‘ oder ‚Fünf Freunde‘ verfilme, dann ist das natürlich ein risikominimierender Faktor." Beziehungsweise fast ein Erfolgsgarant: Filme wie "Bibi & Tina" oder "Wickie und die starken Männer" gehören zu den erfolgreichsten deutschen Kinoproduktionen der letzten Jahre.

Dank dem Fördermodell "Der besondere Kinderfilm" haben nun auch verstärkt Geschichten eine Chance, die mehr die reale Lebenswelt der Kinder in der Bundesrepublik in den Fokus stellen. Geschichten, die die Kinder, ihr Umfeld und ihre Sorgen ernst nehmen, ohne dabei zum deprimierenden Problemfilm zu werden. "Wir wollen spannende, lebensbejahende und auch mit künstlerischen Ambitionen ausgestattete Filme machen", sagt Cornelius Conrad, "die das heutige Lebensgefühl von Kindern beschreiben. Und mit Filmen wie ‚Ente gut!‘, ‚Winnetous Sohn‘ und demnächst ‚Auf Augenhöhe‘ ist das der Initiative ja auch gelungen. Nichts spricht gegen Unterhaltung, gegen Mainstream, Popcorn und Fantasy. Das sind alles Dinge, die ins Kino gehören, und die wir alle lieben. Aber nachhaltig beeindruckt haben mich als Kind weniger die großen Blockbuster, sondern Filme wie ‚Salaam Bombay!‘, der vom Leben eines indischen Straßenjungen erzählt."

Pauline bringt Linh Fahrradfahren bei

Jedes Jahr gibt es eine Ausschreibung zum "besonderen Kinderfilm". Die Filme sollen sich an ein Publikum von Acht- bis Zwölfjährigen richten und aus der Perspektive von Kindern erzählen. Aus den eingereichten Konzepten der Autoren-Produzenten- Teams sucht eine Jury sechs Stoffe aus, für die erste Drehbuchfassungen entwickelt werden. Die besten zwei bis drei Projekte bekommen Produktionsförderung und sind so finanziell abgesichert. "Wir stehen dann dem Produzenten und den Autoren als Sendepartner zur Verfügung, als Dramaturgen, Finanzierungspartner, von der Besetzung bis zur Postproduktion, bis der Film ins Kino kommt." Von der Erfahrung des BR und seiner Redaktion Kinderspielfilm und Einzelprojekte können die Filmemacher nur profitieren. Die Redaktion hat zum Beispiel mit "Tom und Hacke", "Die Schwarzen Brüder" oder "Lauf Junge lauf" quasi moderne Kinder- und Jugendfilmklassiker koproduziert.

"Ente gut! Mädchen allein zu Haus" ist die Geschichte der elfjährigen Außenseiterin und selbsternannten Spionin Pauline, die zufällig herausfindet, dass Nachbarin Linh und deren kleine Schwester Tien für mehrere Wochen ganz allein zu Hause sind. Ihre Mutter musste zur kranken Oma nach Vietnam reisen. Zuerst will Pauline die Mädchen erpressen und droht, sie auffliegen zu lassen. Aber dann freunden sich die drei an, und Pauline hilft den Mädchen, sich vor der hartnäckigen Frau Trost vom Jugendamt zu verstecken. Mehr über den Film gibt es am 25. Mai in "radioMikro" auf Bayern 2 und in "kinokino" im BR Fernsehen.

Auch Kinder sollten die Chance haben, neben guter Unterhaltung und gelungenen Buchverfilmungen die ästhetische Vielfalt des Kinos kennenzulernen. "Der besondere Kinderfilm" ist ein Schritt in die richtige Richtung.


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