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Dezember Advent mit Pornoabmahnungen und Paket-Drohnen

Einer Welle von Porno-Abmahnungen verhagelte manchem Familienvater die Vorweihnachtszeit. Außerdem im Dezember: Amazon-Drohnen, Wirrwarr um den neuen Internet-Ausschuss im Bundestag und eine neue Bundesdatenschutzbeauftragte.

Von: Florian Regensburger und Roland Münzel

Stand: 20.12.2013 | Archiv

Erotik-Angebot per Smartphone  | Bild: picture-alliance/dpa

Eine Anwaltskanzlei hat Tausende Internetnutzer wegen angeblich gestreamter Pornofilme abgemahnt. Die Rechtslage ist unklar, das Zustandekommen der Abmahnungen dubios. Nun regt sich Widerstand gegen Abmahner und ihre Auftraggeber.

Urheberrechts-Abmahnungen wegen Porno-Streaming

Die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann + Collegen (U+C) wirft den Abgemahnten vor, Sexvideos auf der Streamingplattform Redtube angeschaut zu haben. U+C fordert von den Abgemahnten 250 Euro zu bezahlen und per Unterlassungserklärung zu versichern, den angeblichen Verstoß gegen das Urheberrecht nicht mehr zu begehen. Dabei ist die Rechtslage unklar: Nach vorherrschender Juristenmeinung ist Streaming nämlich nicht einmal eine Urheberrechtsverletzung. Zudem scheint das Zustandekommen der Abmahnungen äußerst dubios: Zwei wie aus dem Nichts aufgetauchte Firmen und drei verschiedene Anwälte beziehungsweise Kanzleien teilen sich die Arbeit – und die Verantwortung – untereinander auf.

"Neu ist der Versuch, den bloßen Abruf von Streams abzumahnen. Meine Meinung ist, dass das nicht berechtigt ist."

BR-Jurist und Urheberrechtsexperte Dr. Stefan Frank

Paket-Lieferungen per Drohne

Zum Adventsbeginn sorgte Amazon-Gründer Jeff Bezos mit einer besonderen Ankündigung für Aufsehen: Schon in wenigen Jahren sollen Drohnen bestellte Waren innerhalb von 30 Minuten zum Kunden befördern. Es stünden noch einige Tests und Genehmigungen der US-Luftfahrtbehörde für den Dienst namens Prime Air aus, doch schon in vier bis fünf Jahren wolle man den Dienst starten, so Bezos.

Zahlreiche Medien suchten den Vorstoß sogleich als "geschickten PR-Gag" zu entlarven. Um hinterherzuschieben, dass Lieferdrohnen – zumal in Deutschland – angesichts der Luftfahrtsvorschriften völlig utopisch seien, außerdem schon wegen rein logistischer Belange: Wo etwa solle eine Drohne ein Paket absetzen, wenn der Kunde in einem großstädtischen Mietshaus lebt oder nicht zu Hause sei? Die Antwort: Für begrenzte Spezialzwecke ist ein derartiger Service bereits heute denkbar – wie DHL mit einem einwöchigen Pilotversuch von Medikamentenlieferungen auf einer kurzen Strecke über den Rhein ebenfalls im Dezember zeigte.

"Das Schwierige ist, all die Redundanzen einzubauen, die gewährleisten, dass das Ding niemandem auf den Kopf fällt."

Amazon-Gründer Jeff Bezos

Internet-Ausschuss im Bundestag

Urheberrecht, Datenschutz, Netzneutralität – diese und weitere netzpolitische Themen beschäftigten drei Jahre lang die Enquête-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft (EIDG). Mit Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung beendete diese im Frühjahr ihre Arbeit. Hitzige Debatten und großes öffentliches Interesse daran zeigten aber die Notwendigkeit, einen festen Platz für das Internet auch im Bundestag zu schaffen.

Neben einer neuen Zuständigkeit des Verkehrsministeriums auch für den Ausbau der digitalen Netze soll es bald einen Internet-Ausschuss geben. Der "Ausschuss für Internet und Digitale Agenda" (AIDA) wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres eingesetzt und könnte Themen wie denen der EIDG, die häufig in die Zuständigkeit mehrerer Ministerien auf einmal fallen, einen zentralen Verhandlungsort geben. Eigentlich sollte der Internet-Ausschuss schon am 19. Dezember starten, wegen angeblich noch nicht gänzlich geklärter Kompetenzen wurde der Start auf Druck der CSU aber auf Januar oder Februar 2014 verschoben.

"So und jetzt holen wir mal alle Untergangs-Metaphern mit Schiffen raus #AIDA"

Kommentar von Twitter-Nutzerin Birte Huizing nach der überraschenden Verschiebung des AIDA-Starts am 19.12.2013

Schaar geht, Voßhoff kommt

Nach zehn Jahren beendete Peter Schaar seine Zeit als Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, für gewöhnlich "Bundesdatenschutzbeauftragter" genannt. Nach zwei fünfjährigen Amtsperioden kann eine Person nicht nochmals Bundesdatenschutzbeauftragter werden, die Frage einer erneuten Kandidatur stellte sich daher für Schaar nicht. In seiner Amtszeit war Schaar stets mahnender Zeigefinger und auch treibende Kraft, wenn Wirtschaft und Politik es mal wieder nicht so genau nehmen wollten mit dem Schutz der Privatsphäre.

Abgelöst wird Peter Schaar nun von Andrea Voßhoff. In ihrer Zeit als CDU-Bundestagsabgeordnete von 1998 bis 2013 fiel sie nicht unbedingt durch Sensibilität in Sachen Bürgerrechte und Privatsphäre auf. Unter anderem befürwortete sie – teils auch bei Parlamentsabstimmungen – die Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchungen, Internetsperren und das umstrittene ACTA-Abkommen. Das Vertrauen der Bürger als Anwältin für den Schutz ihrer persönlichen Informationen müsste sich Voßhoff also erst noch verdienen.

"Eine Datenschutzaufsicht muss auch Zähne haben."

Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kurz vor seinem Ausscheiden


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