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Geige aus Domholz 500 Jahre alt und kein bisschen müde

Bäume sind lebendig schon Zeitzeugen, viele Jahrzehnte stehen sie in der Natur. Aus ihrem Holz entstehen Bau- und Kunstwerke oder Instrumente. Wie aus dem Dachstuhl der Münchner Frauenkirche Geigen werden, erfahren Sie hier ...

Von: Petra Martin

Stand: 22.04.2016 | Archiv

Geigenbaumeisterin Eva Lämmle und die Geige aus Domholz | Bild: BR/Petra Martin

Das Holz, aus dem Instrumente gebaut werden, muss etwa sieben bis zehn Jahre lagern. Erst dann eignet es sich als Tonholz. Je länger es liegt, desto besser ist es. Eva Lämmle ist Geigebaumeisterin in München. Ihre Werkstatt liegt unweit der Frauenkirche und hier bearbeitet sie ein ganz besonderes Stück Holz: Es ist 500 Jahre alt und stammt aus dem Dachstuhl der Münchner Frauenkirche - quasi ums Eck ihrer Werkstatt.

Liebfrauendom in Schutt und Asche

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Frauenkirche zerstört, die gewaltigen Dachstuhlbalken liegen offen im Bauschutt, als Franz Fuchs im Januar 1946 hier vorbeikommt. Der Geigenbaumeister und Tonholzhändler kam nach dem Zweiten Weltkrieg nach München. In einer Zeit, in der die Menschen hungern und frieren, steht er vor den mächtigen Dachstuhlbalken - und denkt nicht ans Heizen, wie die meisten - sondern erkennt das Potential des Holzes. Sein Sohn Gerald Fuchs erzählt: "Das ist Holz für Geigen. Es ist vom Wachstum und von der Jährung her geeignet, es ist alt und auskristallisiert, dabei aber nie faulig geworden."

Geigenbaumeisterin Eva Lämmle bearbeitet das 500 Jahre alte Holz

Ideale Voraussetzungen also für den Instrumentenbau. Das Holz war 1490 im Liebfrauendom verbaut worden – der Baum selbst muss gepflanzt worden sein, als München im 12. Jahrhundert das erste Mal urkundlich erwähnt wurde. Gefällt wurde die mächtige Fichte noch vor der Entdeckung Amerikas. Und dann trug es fast 500 Jahre das Dach des Doms. Immer gut durchlüftet, neben den großen Glocken. Die hört Eva Lämmle in ihrer Werkstatt, während sie das besondere Stück Holz bearbeitet: "Durch den Glockenklang hat das Holz die Jahrzehnte über geschwungen."

Das alte Domholz verwendet die Geigenbaumeisterin jedoch nur für die Geigendecke. Den Korpus, also Boden, Zargen und Steg fertigt sie aus Ahorn. Dieses Holz ist sieben bis zehn Jahre abgelagert. Dass das Holz für die Decke gleich 500 Jahre Lagerzeit hinter sich hat, ist schon außergewöhnlich. Das hat aber auch seinen Preis: Das besondere Holz kostet vier- bis fünfmal mehr als gewöhnliches Tonholz.

Nicht der Himmel, aber eine Werkstatt voller Geigen ...

Eva Lämmle ist begeistert über die Beschaffenheit des Holzes: "Es kling schon gut, wenn man drauf klopft und auch beim Arbeiten klingt es. Ich bin gespannt, wie die Geige klingen wird, wenn sie fertig ist." Bis es soweit ist, vergehen noch 200 Arbeitsstunden, in 150 Arbeitsschritten wird aus dem Domholz dann Stück für Stück eine Geige.

Münchner Geigentage

Vom 23. April bis 8. Mai 2016 finden in München die „Münchner Geigentage“ statt. Im Münchner Stadtmuseum zeigen 32 Instrumentenbauer ihre Geigen, Celli, Bratschen und Bögen. Die Instrumente dürfen ausprobiert werden, außerdem gibt’s Konzerte von namhaften Musikern. Weitere Infos finden Sie hier.


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