Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. Juni 2009 Benedikt XVI. gibt Auskunft zum Paulusgrab

Wessen Gebeine liegen im Sarkophag, der unter dem Altar der römischen Kirche San Paolo fuori le Mura entdeckt wurde? Papst Benedikt war sich am 28. Juni 2009 sicher: Es sind die Gebeine des Heiligen Paulus.

Stand: 28.06.2013 | Archiv

28 Juni

Freitag, 28. Juni 2013

Autor(in): Herbert Becker

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

"Die Liebe ist langmütig ... Sie freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles ..." So heißt es im Hohelied der Liebe des Heiligen Paulus, den man auch den "Apostel des Evangeliums für die Völker" nennt. Wann genau er zur Welt kam, ist unbekannt, doch am 28. Juni 2008 rief Papst Benedikt XVI. zur Erinnerung an das zirka zweitausendste Geburtsjahr des Heiligen ein Paulusjahr aus. Gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel durchschritt er die Paulus-Tür der römischen Basilika San Paolo fuori le Mura, jener Kirche, in der das Paulusgrab verehrt wird.

Spektakuläre Erklärung

Am 28. Juni 2009, also genau ein Jahr später, beendete der Pontifex das Paulus-Jahr wieder. Bei dieser Gelegenheit überraschte er die Öffentlichkeit mit einer spektakulären Erklärung. Nämlich sei der unter dem Altar der Basilika liegende Sarkophag des Paulus einer wissenschaftlichen Analyse unterzogen worden. Vermittels einer Sonde habe man ihm Knochenfragmente sowie Spuren verschiedener Textilien entnommen. Die Datierung nach der C-14-Methode habe ergeben, dass die bestattete Person im 1. oder 2. Jahrhundert gelebt hat. Das bestätige, so erklärte Benedikt tief bewegt, dass es sich tatsächlich um die sterblichen Überreste des Apostels Paulus handelt.

Benedikt XVI. hat das Christentum immer als eine Religion betrachtet, die auf historischen Gewissheiten beruht; durch den Fund sah er sich in dieser Meinung bestätigt. Die Fachwelt dagegen zeigte sich skeptisch. Nach Ansicht von Archäologen können Knochenpartikel zwar unter anderem Auskunft über Geschlecht und Sterbealter geben, sie als die Überreste einer bestimmten Person zu identifizieren, sei jedoch unmöglich. Eine Genanalyse hülfe in diesem Fall nicht weiter, weil es keine Nachfahren des Apostels gibt, mit deren DNA-Material man Vergleiche anstellen könne.

Letzte Gewissheit

Dass der Kult um die Grabstätte des Paulus erst runde eineinhalb Jahrhunderte nach seinem Tod eingesetzt hat, zieht weitere Unsicherheiten nach sich. Der Überlieferung zufolge wurde der Märtyrer im Jahr 67 enthauptet. Über dem angeblichen Ort seiner Bestattung hat man im vierten Jahrhundert die Basilika Sankt Paul vor den Mauern errichtet. Nach deren Zerstörung durch ein Feuer und ihrer Neuerrichtung war die genaue Lage des Grabes vergessen. 2009 hat der Vatikan angekündigt, durch eine umfassende Untersuchung der nunmehr verehrten Grabstätte letzte Gewissheit darüber erlangen zu wollen, dass es sich wirklich um die letzte Ruhestätte des Apostels handelt.

Wie weit die entsprechenden Arbeiten inzwischen gediehen sind, ist nicht bekannt. Aber mit der Kirche ist es eben ein wenig so wie mit der Liebe: Sie ist - jedenfalls in mancher Hinsicht - langmütig. Paulus sagt von der Liebe ferner, sie freue sich an der Wahrheit und sie ertrüge alles. Ob Letzteres auch für die Kirche gilt, könnte sich am Ende der Untersuchungen zeigen. Denn sollten bei dem Skelett im Paulusgrab Kopf und Rumpf nicht voneinander getrennt sein, dann hieße das: keine Enthauptung - und somit kein Heiliger.


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