Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. Oktober 1529 Erste Türkenbelagerung Wiens zuende

Die erste Belagerung Wiens ging am 14. Oktober 1529 zu Ende, und die Türken hinterließen nicht viel mehr als frohe Wiener. Das nächste Mal kamen die Türken 1683. Dieses Mal hinterließen sie Kaffeebohnen, und das Abendland entdeckte ein neues Getränk. - Heißt es.

Stand: 14.10.2011 | Archiv

14.10.1529: Erste Türkenbelagerung Wiens zu Ende

14 Oktober

Freitag, 14. Oktober 2011

Autor(in): Christiane Neukirch

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Als die Türken im Herbst 1529 vor Wien standen, brachten sie vor allem eines mit: jede Menge Kriegsgerät und die Absicht, Wien dem osmanischen Reich einzuverleiben. Ihre schwersten Kanonen hatten sie zwar wegen der schlechten Straßenverhältnisse in Ungarn aufgeben müssen - gelobt sei die Schlamperei der Straßenbauer! - aber sie hatten noch andere Waffen im Gepäck: Minen. Mit deren Hilfe gelang es ihnen, Löcher in die Wiener Festungsmauern zu sprengen. Doch wieder kam den Wienern die schlechte Straßenlage zugute. Der Nachschub der Türken blieb im herbstlichen Schlamm stecken. Am 14. Oktober 1529 mussten die Belagerer aufgeben. Die Wiener waren frei.

1683 stand das türkische Heer wieder vor den Toren Wiens; und diesmal hielt es sich hartnäckiger. Wien brauchte Hilfe. Die ganze Hoffnung richtete sich auf die deutschen und polnischen Ersatztruppen, die am linken Donauufer bereit standen. Doch niemand traute sich, den Hilferuf durch die türkischen Linien zu tragen. Und hier beginnt die Legende vom Ursprung einer traditionsreichen Wiener Institution:

Der polnische, in Wien lebende Geschäftsmann Georg Franz Kolschitzky hatte in der orientalischen Handelskompanie in Belgrad als Dolmetscher gearbeitet und war daher mit der türkischen Sprache und Lebensart vertraut. Er meldete sich beim Wiener Stadtkommandanten Graf von Starhemberg und bot sich als Nachrichtenübermittler an. Auf die Frage, welche Belohnung er dafür wünsche, antwortete Kolschitzky: „Keine. Es verdienen der Heldenmut und die Biederkeit der braven Wiener, dass man ihnen den kleinen Dienst leistet. Zudem habe ich keine Angst vor den Tode. Hängen können mich die Türken nur einmal.“

Als Türke verkleidet schlich sich der Edelmütige in einer stürmischen Augustnacht ins feindliche Lager. Er gab sich als Lebensmittelhändler aus, der den Türken Nachschub liefere. Der Coup glückte, man entließ ihn durch die Linien aus der Belagerungszone. So konnte er dem Herzog von Lothringen die Lage schildern. Dieser kam den Wienern mit den Ersatztruppen zu Hilfe und befreite die Stadt. Kolschitzky war ein Held.

Die Schätze, die ihm Graf von Starhemberg als Belohnung anbot - von den Türken zurückgelassene Waffen und Gold - lehnte er ab. Nur eine Hinterlassenschaft interessierte ihn: Säcke mit grünen, bohnenartigen Körnern darin. Niemand wusste damit etwas anzufangen. Kolschitzky bekam sofort fünfhundert Säcke ausgehändigt. Und er zeigte den Wienern, was damit anzufangen sei: Geröstet, gemahlen und mit kochendem Wasser übergossen ergaben diese Bohnen ein anregendes Getränk. So gründete Kolschitzky noch 1683 das erste Wiener Kaffeehaus.

So will es die Legende. Neuere Forschungen haben ergeben, dass Georg Franz Kolschitzky nicht nur nicht der Erste war, der in Wien ein Kaffeehaus gründete; er soll sogar niemals Kaffeeröster gewesen sein. So soll der Armenier Diodato 1685 das erste Kaffeehaus eröffnet haben. Bewiesen ist, dass es die Türken waren, die außer Soldaten und Waffen auch den Kaffee nach Wien gebracht hatten.

Doch warum nicht gleich? Hätten sie nicht schon bei ihrer ersten Belagerung ein derart nützliches Souvenir zurücklassen können? Nun, im Jahr 1529 waren sie dafür gerade ein wenig zu früh losgezogen. Erst um 1540 fand die Kaffeebohne von Ägypten aus ihren Weg ins türkische Reich; und dort ließ sich die Obrigkeit länger bitten, bis man das Getränk für den offiziellen Genuss freigab: Noch weitere 15 Jahre dauerte es, bis das erste Kaffeehaus Istanbuls eröffnet wurde. So mussten die Wiener bis zur nächsten Belagerung auf ihren Kaffee warten.


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