Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. März 1875 Erstes Eishockeyspiel in einer Halle

Klamme Finger und frostige Ohren sind passé. Für die Zuschauer wird es gemütlicher und auch die Spieler bekommen bei aller Härte ein bisschen mehr Wärme ab, als Eishockey vom Natursee in die Halle wandert. Autor: Johannes Roßteuscher

Stand: 03.03.2015 | Archiv

03 März

Dienstag, 03. März 2015

Autor(in): Johannes Roßteuscher

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Eishockeyspieler sind sonderbare Wesen. Vor allem die in Nordamerika. Dort finden immer mehr Spiele der National Hockey League NHL in umgebauten Footballstadien statt - unter freiem Himmel. Ohne Dach, dafür mit Frost und Schneegestöber. Vor zehntausenden zähneklappernden Zuschauern. Was daran sonderbar ist? Eishockey bei 15 Grad Minus? Nun ja, im nordamerikanischen Profi-Eishockey hat es so was lange nicht mehr gegeben - eigentlich noch nie.
Seit Jahrzehnten, ach sogar seit Jahrhunderten treten die Teams in Hallen gegeneinander an. Mittlerweile in wohlklimatisierten, die Saison läuft bis in den Sommer hinein.

Alles auf Anfang

Weshalb aber jetzt zurück zu den Wurzeln? Die liegen immerhin ein gutes Stück zurück. Im Jahr 1875 wird das junge Spiel "Hockey" in Kanada und den USA noch auf zugefrorenen Flüssen, Seen und Hafenbecken gespielt. Auch in Montreal. Dort hat eines Tages der 24-jährige Jung-Ingenieur James Creighton eine Idee:
Warum eigentlich den luxuriösen Victoria Skating Rink, eine Halle im Zentrum von Montreal mit überdachtem Natureis, den Eiskunstläufern überlassen? Zwar verstanden sich die Eishockeyspieler selbst als wesentlich hartgesottenere Wesen, als die verweichlichten Eiskunstläufer - aber andererseits: mal unter Dach zu spielen, ohne eisigen Wind und ohne ständiges Schneeräumen ...

Creighton war ein umtriebiger Mensch und es gelang ihm innerhalb kurzer Zeit, ein Spiel im Victoria Skating Rink auf die Beine zu stellen. Die lokale Zeitung, die Montreal Gazette, brachte sogar eine Ankündigung. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass sich kein Zuschauer vor einem "unkontrolliert herumfliegenden Hockey-Ball" fürchten müsse: "Das Spiel wird nach unseren Informationen mit einem flachen runden Stück Holz ausgetragen. Jede Gefahr, dass es das Eis verlässt, wird vermieden", schrieb das Blatt - vermutlich die erste Erwähnung des Pucks überhaupt.

Brillantes Spiel

Am Abend des 3. März 1875 fand das denkwürdige Spiel statt.
Vor "einer sehr großen Zuschauerzahl", wie die Montreal Gazette am nächsten Tag berichtete. Den Mannschaften wurde "brillantes Spiel" bescheinigt, die Zuschauer seien "sehr zufrieden mit der Abendunterhaltung" gewesen. Damit wurde die Partie zur Geburtsstunde des überdachten, überhaupt des organisierten Eishockeys. Gespielt wurde - wie auch heute noch - 60 Minuten. Die Größe der Eisflächen auf der ganzen Welt orientiert sich bis heute an den Abmessungen des Victoria Skating Rinks.

Und die Mannen um Creighton wollten die Halle gar nicht mehr hergeben, veranstalteten immer mehr Begegnungen dort. 19 Jahre nach der Premiere fand schon die Endrunde um den bis heute ausgetragenen Stanley Cup statt.
Im Victoria Skating Rink, wo sonst.

Bei den heutigen Freiluft-Spielen, die übrigens zur regulären Saison der NHL zählen, ist es umgekehrt. In die Footballstadien werden moderne Kunsteisflächen eingebaut, auch wenn es meistens kalt genug wäre. Zum Duell der Toronto Maple Leafs gegen die Detroit Red Wings kamen 105.000 dick verpackte Menschen.
Es schneite ununterbrochen, die Spieler trugen gegen die Kälte Sturmhauben unter den Helmen - und gaben sich nach dem Spiel samt und sonders ekstatisch. Vielleicht war Creightons Idee mit der Halle doch nicht so brillant.


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