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Die Mischwaldlehre

Bayerns Wälder Die Mischwaldlehre

Stand: 29.10.2018

Mischwald im Herbst an der Martinsklause im Nationalpark Bayerischer Wald | Bild: picture-alliance/dpa

Mit der Industrialisierung steigt unter anderem der Bauholzbedarf, in Bayern sind viele Wälder zu Beginn des 19. Jahrhunderts stark übernutzt und ausgelichtet. Forstwissenschaftler warnen vor "Holznot" und fordern Aufforstungsmaßnahmen. So kommt es, dass Lücken mit Fichte und Kiefer, Baumarten mit schnellem Wachstum und guten Erträgen, geschlossen werden. Diese Nadelbäume haben zudem den Vorteil, dass sie weniger empfindlich auf Frost, Trockenheit und Wildverbiss reagieren als Laubbäume.

Die Nadelholzmonokulturen provozieren eine Gegenbewegung - die Vision vom gemischten Wald kommt auf. Vorreiter ist Karl Gayer (1822-1907), der vom einfachen Forstgehilfen zum Universitätsprofessor aufgestiegen ist. Gayer kritisiert die "Bodenreinertragslehre", die im Waldbau mit "Reinbeständen" auf maximale Profite setzt. Gayer, der viel vom Goetheschen Ideal der Harmonie zwischen Mensch und Natur hält, plädiert für Mischwälder und verlangt, dass Bedingungen geschaffen werden, die in einem Wald das Nachwachsen jeder für die Region typischen Baumart ermöglichen.

Mischwald oder kompromissloser Wirtschaftswald?

Der Mischwaldidee steht jedoch das Gewinnstreben vor allem privater Waldbesitzer und das Interesse der Jäger an möglichst viel Wild entgegen. Waldbesitzer wollen nur ungern auf schnell wachsende Holzproduzenten wie die Fichte verzichten. Jäger erfreuen sich an hohen Rot- und Rehwildbeständen, die jedoch Verbiss- und Schälschäden verursachen und das Aufkommen von Mischwald oder gar eine natürliche Verjüngung des Waldes vielerorts unmöglich machen.

Erst als sich die Nadelholzplantagen Ende des 19. Jahrhunderts als schadensanfällig erweisen und Stürme sowie Insekten große Lücken in die Bestände reißen, wird Gayers Mischwaldidee wiederbelebt. Allmählich kehren die Laubbäume - zumindest in die Staatswälder - wieder zurück, doch es ist noch ein weiter Weg zum stabilen Mischwald.

Einen herben Rückschlag erleben die Befürworter des Mischwaldes nach dem Zweiten Weltkrieg. Zum Wiederaufbau der vom Bombenkrieg zerstörten Städte wird Holz benötigt, vor allem die Bennholzversorgung der Bevölkerung hat Priorität. Große Kahlflächen entstehen, die mit der früh schlagreifen und vielseitig verwendbaren Fichte aufgeforstet werden.

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