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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Textwalken

Beim Schreiben von Textnachrichten auf dem Smartphone soll man laut einer Studie automatisch in den „kürzeren Schritte machen“ Modus wechseln. Das sollte man mal denjenigen erzählen, die bei der Smartphonenutzung sofort ihre motorischen Fähigkeiten verlieren, stehenbleiben und zur Salzsäule einfrieren in die man dann hineinläuft. Der Vorteil ist, man kann sie dann auch ohne Gegenwähr beschimpfen, da sie gleichzeitig auch ihr Sprachzentrum abschalten. Eine Glosse von Helmut Schleich.

Von: Helmut Schleich

Stand: 19.01.2024

„Du bist, was Du isst.“ Das kennt man. Der vegane Radfahrer blickt verächtlich auf den Dieselfahrer mit der einen Hand am Steuer und der anderen an der Leberkässemmel.

Aber „Du gehst, wie Du schreibst“, das ist neu. An der Fachhochschule Campus Wien haben Forscher jetzt eine Studie veröffentlicht, nach der sich der Gang beim sogenannten „Textwalken“, also dem Tippen am Smartphone-Display während des Gehens, verändert. Die Schritte werden kürzer und breiter und es heißt, am Ende könnten dadurch Schäden an Meniskus und Knorpeln auftreten und X-Füße rauskommen. Also vorausgesetzt, man ist beim Textwalken nicht vorher gegen einen Baum gelaufen, unter eine Trambahn geraten oder schlicht und einfach auf die Schnauze gefallen. Letzteres würde womöglich die Gesichtszüge drastisch verändern bevor irgendein Meniskus von der Tipperei im Gehen Kenntnis nehmen kann.

Und was dabei das Schlimmste wäre, mit der veränderten Visage funktioniert am Ende die Gesichtserkennung im Handy nicht mehr, man kommt nicht mehr an seine Nachrichten und aus ists mit dem Tippen im Gehen. Insofern ist es vom Körper nur allzu konsequent, wenn er bei Dauertippern instinktiv den Schritt anpasst. Kürzere und breitere Schritte, das ist der neue Sicherheitsgang. Und wir wissen ja, Sicherheit ist heute das höchste Gebot. Da hat man sich dran zu halten, ohne wenn und aber.

Was bleibt einem auch anderes übrig, wenn man umzingelt ist von Wirklichkeit, wie es der große Philosoph Robert Habeck formuliert hat

Wie gut, dass die Menschen durch den permanenten Blick ins Smartphone bereits eine neue Demutshaltung verinnerlicht haben. Gesenktes Haupt, den Blick nach unten gerichtet, der Untertan 2.0. Was steht seit jeher ganz oben steht auf unseren Identitätskarten? „Personal-Ausweis.“ Das ist damit gemeint.

Das Schöne ist, dass das heute alles ganz und gar freiwillig passiert. Niemand wird gezwungen. Die Menschheit ändert sich eben und wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Also lieber mit X- Füßen und gesenktem Haupt dabei sein, als im aufrechten Gang unterzugehen.

Dieter Hildebrandt hat für die Zukunft einmal eine „Flexibilisierung des aufrechten Ganges“ gefordert. Olaf Scholz hat das umgesetzt. Der hat so ein dickes Fell, dass er gar kein Rückgrat braucht um aufrecht zu stehen. Was bleibt einem auch anderes übrig, wenn man umzingelt ist von Wirklichkeit, wie es der große Philosoph Robert Habeck formuliert hat.

Das wäre doch ein interessanter Forschungsgegenstand, nicht nur für die Wiener Fachhochschule: Wie dick muss ein Fell sein, dass es den Sicherheitsgang beim Textwalken überflüssig macht. Das ist schon mal die erste Frage. Und zweitens, direkt auf Olaf Scholz angewandt: Wie dick kann ein Fell maximal sein, dass einen die Wirklichkeit nicht ins Schwitzen bringt.

Eben alles eine Frage der Perspektive.


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