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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Goldene Zukunft

Die Post soll in Zukunft nicht mehr jeden Tag Briefe verschicken. Wer es schneller mag, sollte einen berittenen Boten organisieren. Ein Pferd gibt es bereits. Eine Glosse von Wolfram Schrag.

Von: Wolfram Schrag

Stand: 13.06.2023

Heute ist Dienstag, er ist ein guter Tag. Heute ist vieles normal. Am Dienstag haben wir uns an die neue Woche gewöhnt. Wir widmen uns der Arbeit. Und außerdem kommt heute wieder mal Post. Das kann nun gut oder auch schlecht sein, aber zumindest ist es ein Ausdruck von Normalität. Viele haben nämlich schon die Erfahrung gemacht, dass montags die Post nur noch selten kommt. Und wenn es nach dem Bundesnetzagenturchef Müller geht, könnte dies bald der Normalfall werden.

Unsere Gesellschaft- und unser Kommunikationsverhalten habe sich nun mal verändert, so Müller. Wie wahr, und da soll die Deutsche Post nun einmal nicht im Wege stehen und auch montags Briefe zustellen, wenn wir sie gar nicht mehr brauchen. Vielleicht haben wir das aber auch einfach falsch verstanden. Jedenfalls gibt es bislang die berühmte Formel „E plus 1“. Und an der darf eigentlich niemand rütteln, es sei denn der Bundestag.

E plus 1 bedeutet, dass die Brieflaufzeit ab dem Einwurf E einen Tag betragen darf. Und laut Studien würde das auch für 90 Prozent der Briefe funktionieren. Aber wir kennen natürlich auch die Formel E plus Mo ist ungleich 1 und damit Di. Und da wären wir wieder bei unserem Dienstag, dem Normaltag, dem Briefzustellungstag. Sollte der Bundestag also die Formel ändern, in E plus 2 oder gar E plus 3, dann wäre dies eine sogenannte nachgeholte Normalität.

Nach Westen in den Sonnenuntergang reiten und reiten und reiten

Wer es schneller mag, kann ja dann ein Premium-Paket buchen oder einen berittenen Boten. Diese Boten zu Pferde haben eine lange Tradition. Historisch gesehen kommen sie so häufig vor wie die Läufer. Und auch die haben sich mächtig ins Bewusstsein eingegraben. Denken wir nur an den ersten Marathonläufer, der nach Übermittlung der Nachricht tot zusammenbrach, wie man munkelt. Zu Pferde ging es natürlich meist schneller vor allem in flachen Gegenden, zum Beispiel in den weiten Steppen dieser Welt.

Und so sind wir jetzt rein zufällig bei Lars Klingbeil gelandet, einem der zwei Vorsitzenden der SPD. Der hat auf seiner Asien-Reise der Mongolei einen Besuch abgestattet. Ein Land, das im Zangengriff zwischen Russland und China liegt und von einem Sozialdemokraten regiert wird. Tja, es ist gar nicht so einfach, wenn man als Sozi einen anderen Sozi besuchen will, muss man um die halbe Welt reisen. Aber das ist nicht das Thema. Er bekam von den stolzen Mongolen ein Pferd geschenkt. Und das heißt „Goldene Zukunft“.

Und mit diesem Pferd könnte Klingbeil nun nach Westen in den Sonnenuntergang reiten und reiten und reiten. Der goldenen Zukunft entgegen mit einem Brief an Olaf Scholz. Lieber Olaf, rede mehr mit dem Volk oder so. Das wäre dann ein Brief, der am Montag ankommt, an welchem auch immer. Aber nein: Das Pferd von Lars Klingbeil blieb in der Mongolei und so wartet die SPD auch am Dienstag auf die Goldene Zukunft.


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