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Vor dem Referendum Was denken Briten in Bayern über einen möglichen Brexit?

Wird es Zeit zu gehen? Remain or leave? Die Briten stimmen am Donnerstag darüber ab, ob sie in der EU bleiben - oder nicht. Briten in München hoffen, dass das Referendum ihr Leben nicht umwirft, berichtet radioWelt-Reporterin Saskia Trucks.

Von: Saskia Trucks

Stand: 22.06.2016

Wecker in britischen Farben | Bild: picture-alliance/dpa

Seit über vierzig Jahren lebt George Low in Deutschland. Er ist Brite und arbeitet am Englischen Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zwar hat er keinen deutschen Pass, aber eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Im Gegensatz zu vielen anderen Briten, die im Ausland leben, hätte er bei einem Brexit nicht viel zu befürchten.

"Da meine ganze Arbeit damit zu tun hat, dass ich Brite bin, dass ich übersetze, dass ich Bandaufnahmen mache. Diese Jobs können nur von Briten gemacht werden. Also wird immer ein Bedarf da sein – für Briten in Deutschland. Ich gehe davon aus, dass für mich persönlich, solange ich arbeite und solange ich hier leben möchte, sich nichts verändern wird."

George Low, Wissenschaftliche Mitarbeiter an der LMU München

Keine volle Reisefreiheit mehr

George Low fühlt sich wohl in München, er hat seinen Lebensmittelpunkt hier. Trotzdem graust es ihm bei der Vorstellung, dass sich England von Europa abschotten möchte.

"Ich fahr natürlich so oft wie ich kann nach England zurück. Unter anderem auch, um auf dem Laufenden zu bleiben, was in England los ist. Damit ich im Ausland noch als Engländer gelten kann. Ich würde es sehr vermissen, wenn diese Freiheit bei den Reisen eingeschränkt werden würde. Ich bin gerne in beiden Ländern zu Hause."

George Low

Steigende Zölle, fallendes Pfund - Sorgen der Händler

Gegenüber von George Lows Büro im Münchner Universitäts-Viertel hat sich vor einigen Jahren das Word’s Worth angesiedelt – eine Buchhandlung für englischsprachige Literatur. Eine der Geschäftsführerinnen ist Bärbel Goldschmidt. Zwar ist sie keine Britin, sondern Deutsche – für ihren Laden hätte der Austritt trotzdem Konsequenzen.

"Einmal ist es natürlich auf Dauer sehr schwierig für uns, weil die Einfuhrbedingungen nicht leichter werden und in der Übergangszeit einfach nicht klar ist, wie das gehandelt wird mit Zöllen, sonstigen Formularen, was ausgefüllt werden muss. Das andere ist, dass einfach das Pfund ja sofort fallen wird, wenn es zu diesem Fall kommt. Und auf Dauer ist es vielleicht gut, wenn das Pfund günstiger ist, weil die Bücher dann billiger werden. Aber erstmal ist es natürlich sehr schwierig für uns, weil unser Riesenlager an Wert verliert von heute auf morgen."

Buchhändlerin Bärbel Goldschmidt

Auch für Billy von Rensburg würde sich mit dem Brexit einiges ändern. Er führt den kleinen Laden „British Allsorts“ im Münchner Stadtteil Giesing. Eine Queen aus Pappe begrüßt jeden Kunden am Eingang.

Zu kaufen gibt’s: Weingummi. Tiefgefrorenen Apple Pie. Tee! Und natürlich zahlreiche Royal Fan-Artikel – alles, wofür das Herz der Briten eben schlägt. Im Falle des Brexits würde es allerdings viel schwieriger werden, an all diese Waren zu kommen, meint Billy.

"Dann ist es doof. Weil dann wird quasi jedes Pfund Butter, das in diese Richtung geht verzollt werden - und in die andere Richtung. Das wär eine Katastrophe."

Einzelhändler Billy von Rensburg

Kehren britische Kunden in die Heimat zurück - eine Existenzfrage

Dass Produkte aus Großbritannien wegen der Zölle und Steuern wesentlich teurer würden, wäre für Billy aber nicht das größte Problem. Er macht sich Sorgen, dass ein Großteil seiner Stammkunden wegbricht. Viele Engländer, die bei ihm einkaufen, könnten im Falle des Brexits zurück in ihre Heimat gehen.

"Das ist dann eine Existenzfrage. Von daher ist es schon irgendwas, was mich beschäftigt, aber momentan kann ich eh nichts Großartiges machen und die meisten Leute, die ich hier schon gefragt habe, die auch ihren Lebensmittelpunkt hier haben, die wollen auch drin bleiben."

Billy von Rensburg

Wer zu lange nicht in Großbritannien gelebt hat, darf nicht abstimmen

Einige Nicht-Briten oder diejenigen, die im Ausland leben, könnten also vom Brexit stärker betroffen sein, als so mancher Inselbewohner selbst. Deswegen sind sie dafür, dass Großbritannien EU-Mitglied bleibt.
Das Problem: Briten, die länger als 15 Jahre nicht in Großbritannien gelebt haben, verlieren ihr Wahlrecht – viele von ihnen können also beim Referendum am morgigen Donnerstag nicht mitabstimmen. Ihnen bleibt also nichts anderes übrig als zuzusehen und zu hoffen, dass es nicht so weit kommt.


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Festland ist Bestland, Mittwoch, 22.Juni 2016, 13:20 Uhr

1. Hü oder hott

Wenn die Briten bleiben wollen: Welcome back, natürlich dann ohne Britenrabatt. Für alle die vernünftigste Lösung.
Wenn sie gehen wollen: Alle Briten innerhalb 4 Wochen des Landes verweisen. Rückkehr nur mit gültigem Visum.
Eine Zwischenlösung kann es nicht geben. Also keine "privilegierte Partnerschaft".