Bayern 2 - radioTexte


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Maria Schrader liest Zeruya Shalev: Nicht ich

Eine Frau steigt aus: Das zornig-aufgewühlte Debut der israelischen Schriftstellerin erstmals auf deutsch. Wir sprachen die Autorin, Lesung mit Maria Schrader.

Stand: 08.02.2024

"Was habe ich gehabt, frage ich mich dort auf der Bank. Einen Ehemann mit schwarzen Augen. Einen Geliebten mit grünen Augen, ein Mädchen mit violetten Augen. All diese Farben zusammen ergaben eine unzumutbare Mischung. Wenn das Mädchen zum Beispiel zu lange den Geliebten anschaute, bekam es plötzlich ein rotes Auge. Ich selbst lief nach einem ganzen Schabbat mit dem Ehemann schwarz an. Natürlich konnte es so nicht weitergehen ..."

(aus Zeruya Shalev, Nicht ich)

Zeruya Shalevs aufgewühltes Debut von 1993 lässt eine andere, emotionale, expressive Seite der israelischen Schriftstellerin entdecken. Die Hauptfigur, eine junge Frau mit verschiedenen Namen, verliert ihre Familie – oder verlässt sie ... hat knielange Haare – oder einen kahlen Kopf, hat eine Tochter - oder mehrere? In einem Zustand von alptraumhafter Unklarheit kann immer auch die nächste Version wahr sein.  Gleichzeitig schockieren Motive wie das der möglichen Entführung oder die Andeutung von Gängen unter dem Kindergarten. Im Text von 1993 stehen sie für seelische Ängste, Druck und Bedrohung. Heute verbinden sie sich, auch für die Autorin selbst, mit dem Terror seit dem 7. Oktober 2023.

Niels Beintker hat für Bayern 2 mit Zeruya Shalev gesprochen. Außerdem zu hören: ein Ausschnitt aus dem Hörbuch mit Maria Schrader (Hörbuch Hamburg). „Nicht ich“ ist im Berlin Verlag erschienen und wurde von Anne Birkenhauer ins Deutsche übersetzt. Auch im Bayern 2 Podcast Lesungen zu finden. Moderation und Redaktion: Judith Heitkamp. 


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