Bayern 2 - radioTexte


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Lesung mit Achim Höppner Was schon Plutarch über "Seelenruhe" wusste

Wie geht das: Gelassenheit, Glück, ein gutes Leben? Die Antworten, die die antiken Philosophen fanden, differieren im Grunde wenig von den unzähligen Glücks-Weisungen zeitgenössischer Autoren. Schon im ersten Jahrhundert nach Christus schrieb der Grieche Plutarch, dass die "Seelenruhe" in unserer eigenen Verantwortung liege. Lesung mit Achim Höppner

Von: Kirsten Böttcher

Stand: 29.10.2019 | Archiv

Tempel-Säulen im rot-orangen gefärbten Himmel | Bild: BR

"Alle Vergnügungen auf jede Weise genießen zu wollen, ist unvernünftig. Alle Vergnügungen ganz vermeiden zu wollen, ist gefühllos."

(Plutarch)

Der vielseitig gebildete und weit gereiste Biograph und philosophische Schriftsteller Plutarch war mit knapp 260 Werken auch ein sehr fleißiger Mann. Der Grieche, der in der Ära lebte, in der das Römische Reich den Höhepunkt seiner Ausdehnunung erreicht hatte, ist bis heute berühmt für seine Biografien berühmter griechischer und römischer Persönlichkeiten und für die "Moralia", eine Sammlung von 78 Essays über beeindruckend diverse Themen, wie Ethik, Naturphilosophie, Religion oder Logik.

"Jeder teilt sich sein gutes oder schlechtes Befinden selbst zu. Die beiden Fässer mit Gutem oder Bösem stehen nicht in der Halle des Zeus, wie es in der Ilias heißt, sondern in unserem eigenen Innern."

(Plutarch, Über die Seelenruhe)

Aus der unter dem Titel "Moralia" überlieferten Sammlung stammt auch der Essay "Über die Seelenruhe", in der Plutarch - wie auch vor und nach ihm viele antike Philosophen - seine Gedanken zusammenfasst, wie Glück und Gelassenheit zusammenhängen. Glück und Seelenruhe sind kein äußeres Gut, sondern eine innere Verfassung, eine Tugend, die man sich selbst erarbeiten könne. Die Seelenruhe ergibt sich aus der vom Verstand bewusst angestrebten Kontrolle der Emotionen, aus physischer Gesundheit und aus einer flexiblen Anpassung an die vom Schicksal gegebenen Umstände.

"Man kann nämlich (...) dem Schicksal eine andere Wendung geben, wenn es uns Unerwünschtes zuteil werden lässt. So sagte Diogenes, als er in die Verbannung geschickt worden war: Auch nicht übel! Er begann danach sein Leben als Philosoph."

(Plutarch)

Immer auf andere schielen? Eine "dumme Angewohnheit"

Chromolitographie des griechischen Philosophen Plutarch

Der Mann, der einen Großteil seines Lebens in seiner Geburtsstadt Chaironeia (gut 100 km von Athen entfernt) verbrachte, rät ganz pragmatisch dazu, für den Weg zu einer ruhigen Gemütsverfassung, sich die VIPs der Zeit anzusehen, ob sie nicht etwas Vergleichbares erleiden mussten und wie diese damit umgegangen sind: "Macht dir die Kinderlosigkeit Kummer? Blick auf die Kaiser Roms: Keiner war in der Lage, die Herrschaft an einen leiblichen Sohn zu übergeben", so Plutarch. Zwar rät er hier zum Blick auf Andere und über den eigenen Tellerrand hinweg, eigentlich jedoch ging es ihm darum, nicht immer nach außen zu schielen, sondern das zu zelebrieren, was man hat.

"Für unsere Gemütsruhe (ist es) sehr wichtig, den Blick vor allem auf die eigene Person und den eigenen Bereich zu richten. (...) Wer vernünftig und gesund über das Leben denkt und sich klarmacht, dass die Sonne auf zahllose Myriaden von Menschen herabblickt, der wird nicht dasitzen und Trübsal blasen, weil er weniger reich und angesehen ist als einige andere. (...) Wir haben nun einmal die dumme Angewohnheit, mehr im Blick auf andere als auf uns selbst zu leben."

(Plutarch)

Schon zu seinen Lebzeiten galt Plutarch als berühmter Mann, der als politische Ämter innehatte und zwischen Hellas und Rom unterwegs war. In Chaironeia eröffnete und lenkte er bis zu seinem Tod eine Art Filiale der Platonischen Akademie. Nach seinem Tod errichteten die Einwohner Delphis zusammen mit denen seiner Heimatstadt eine Büste mit seinem Porträt.

"Sättigt eure Seelen an Plutarch und wagt es, an euch selbst zu glauben, indem ihr an seine Helden glaubt."

(Friedrich Nietzsche)

Der Anhänger Platons war wiederum Vorbild und Inspiration für spätere Denker und Schriftsteller, von Shakespeare bis Brecht, von Montaigne bis Nietzsche.

"Der Anfang des rechten Lebens ist das rechte Hören."

(Plutarch)

In diesem Sinne viel Vergnügen mit der Lesung am Feiertag in den radioTexten um 14.30 Uhr!

"Über die Seelenruhe"

Auszüge aus den moralphilosophischen Schriften von Plutarch, übersetzt von Marion Giebel, erschienen im Reclam Verlag
Lesung: Achim Höppner
Moderation und Redaktion: Antonio Pellegrino

Unsere Lesungen können Sie nachhören: auf dieser Seite im Stream, als Download im Podcast-Center des Bayerischen Rundfunks und überall, wo es Podcasts gibt.


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