Bayern 2 - radioTexte


5

Sithembile Menck liest Diane Oliver: Nachbarn

Später Ruhm: Diane Oliver schreibt in den 1960er Jahren über eine rassistische Gesellschaft. Heute wird die Autorin endlich entdeckt und gewürdigt. Gespräch mit der Übersetzerin Brigitte Jakobeit, Lesung mit Sithembile Menck.

Stand: 20.02.2024 | Archiv

"Er war vom Spielen nach Hause gekommen, das Hemd zerrissen, die Hose rot verkrustet vom Lehm, in den sie ihn gedrückt, wo sie ihm die Nase zugehalten und gedroht hatten, ihm die Luft zum Atmen abzuschnüren. Wie durch ein Wunder war er nach Hause gehinkt, doch seitdem konnte er nicht mehr sprechen. Sie durften nicht riskieren, dass ihm das noch einmal passierte."

(Diane Oliver: Nachbarn)

Diese Autorin bleibt ganz nah an ihren Figuren und deren Leben – an dem kleinen Jungen Rabbit zum Beispiel, der nicht mehr spricht, seit er zum Opfer rassistischer Gewalt geworden ist, und der mittlerweile mit seinen Eltern fernab von der Gesellschaft lebt. Vielleicht lässt die Welt sie ja in Ruhe, wenn sie selbst sich nur möglichst weit zurückziehen?

Diane Oliver hat ihre Geschichten in den 1960er Jahren geschrieben und spiegelt in ihnen, was sie selbst im Alltag erlebte: den strukturellen Rassismus in den USA, aber auch den Kampf gegen ihn. Sie war damals gerade mal Anfang 20, noch dabei, ihr Handwerk zu lernen im renommierten Writers' Workshop an der Universität in Iowa. 1966 kam sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Trotz ihres Talents, trotz ihres literarischen Muts blieb Diane Oliver lange unbekannt – erst vor kurzem wurden ihre Kurzgeschichten wiederentdeckt.  

Marie Schoeß hat für Bayern 2 mit der Übersetzerin Brigitte Jakobeit gesprochen. Außerdem zu hören: ein Ausschnitt aus der Kurzgeschichte „Kein Service hier“ mit Sithembile Menck. „Nachbarn“ ist im Aufbau Verlag erschienen und wurde von Brigitte Jakobeit und Volker Oldenburg ins Deutsche übersetzt.

Auch im Bayern 2 Podcast Lesungen zu finden.
Moderation und Redaktion: Marie Schoeß.


5