Bayern 2 - Notizbuch


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Neue Familienmodelle Trennung - Was wird jetzt mit den Kindern?

Nestmodell, Familien-WG oder Pendellmodell? Nach einer Trennung muss sich die Familie neu organisieren. Dabei bieten Beratungsstellen Hilfe. Dazu Familientherapeutin Katrin Normann vom Familiennotruf.

Stand: 28.06.2016

Katrin Normann | Bild: privat

Wenn sich die Eltern trennen, leiden die Kinder oft am meisten - zumindest, wenn die Eltern sich kein neues Konzept für das Familienleben überlegen. Die Trennung zu verarbeiten, den Kindern gerecht zu werden und dann auch noch vernünftige Alltagsmodelle auszuarbeiten ist nicht leicht. Wer Hilfe dabei sucht, wird bei Beratungsstellen wie dem Familiennotruf in München fündig. Familientherapeutin Katrin Normann erklärt im Notizbuch-Gespräch, wie ein gutes Zusammenleben nach einer Trennung funktionieren kann. Wir haben ihre Ratschläge zusammengefasst:

Väter wollen mehr Präsenz

Dass sich die Eltern die Fürsorge nach einer Trennung wirklich zu gleichen Teilen aufteilen, passiert nach wie vor nur in wenigen Fällen, in fünf bis sieben Prozent, schätzt Familientherapeutin Katrin Normann für München, aber die Tendenz steigt. Gerade Väter, die auch schon vor der Trennung sehr präsent im Alltag der Kinder waren, wollen das auch danach bleiben. Zum anderen sind etwa Dreiviertel der Mütter berufstätig. In einer Stadt wie München könnten viele Familien auch gar nicht von nur einem Gehalt leben.

Gleiche Alltagsrituale sorgen für Stabilität

Bei Trennungen ist für die Kinder am wichtigsten, dass die Stabilität aufrecht erhalten bleibt. Was wie ein Widerspruch in sich klingt, kann aber mit einfachen Mitteln gelingen. Zum Beispiel sollten die Rituale, die Kinder gewohnt sind, die gleichen bleiben, wenn sie von Mama zu Papa wechseln und umgekehrt. Das heißt gleiche Schlafenszeiten oder zum Beispiel das gleiche Essen zum Frühstück.

"Wichtig ist, dass Eltern sich nicht permanent streiten, sondern dass das Kind weiß: Mama und Papa sorgen für mich und ich kann mich darauf verlassen, dass ich mein Kinderleben leben kann."

Katrin Normann, Familientherapeutin

Kommunizieren statt streiten

Die gleichen Alltagsrituale beizubehalten erfordert eine gute Kommunikation der Eltern - bei einer Trennung nicht selbstverständlich. Katrin Normann rät auch davon ab, Kindern die Entscheidung zu überlassen, bei welchem Elternteil sie wann sein wollen. Denn das kann sie nur zusätzlich zur Trennung belasten. Wie viel pro Woche und an welchen Tagen die Kinder bei dem jeweiligen Elternteil sind, können die Eltern zum Beispiel auf einem Poster aufzeichnen, so dass das Kind genau sehen kann, wann es wo ist.

Einen weiteren entlastenden Aspekt sieht die Familientherapeutin darin, die Kinder spüren zu lassen, dass es ok ist, wenn sie gerade beim jeweilig anderen Elternteil sind. Sanfte Übergaben über Kindergarten oder Schule sind dabei sinnvoll. Die Mutter bringt das Kind zum Beispiel morgens hin und der Vater holt es ab.

"Wir stellen fest, dass bei 85 Prozent der Familien die Trennung nicht konflikthaft abläuft. Das ist Voraussetzung dafür, gemeinsam aushandeln zu können, wer sich wann um die Kinder kümmert."

Katrin Normann, Familientherapeutin

In Kontakt bleiben funktioniert nicht für alle getrennten Paare

Für viele Paare ist es einfach emotional nicht möglich, sich direkt nach der Trennung in einer neuen Identität mit dem ehemaligen Partner als Elternteam zu finden. Wichtig ist, dass beide die Trennung verarbeiten, bevor sie gute Verhandlungen für die Kinder führen können. Denn Streit und Abwertung des anderen Elternteils belasten die Kinder am meisten. Katrin Normman stellt in ihrer Arbeit fest, dass der häufigste Anlass für Eltern, zu ihr in die Familienberatung zu kommen, eine Trennung ist.

Die rechtlichen Konsequenzen nicht vergessen

Ein gleichberechtigtes Familienmodell nach einer Trennung zu leben kann auch rechtliche bzw. finanzielle Konsequenzen haben. Denn bei der 50/50-Aufteilung entfällt der Kindesunterhalt. Das kann sich finanziell negativ auswirken und das Modell somit nicht mehr möglich machen, weil sich z.B. der bislang unterhaltsberechtigte Elternteil auf einmal die Wohnung nicht mehr leisten kann, erklärt Katrin Normann.

Aufteilungen von 60/40 oder 70/30, bei denen das Kind meist nur ein verlängertes Wochenende bei einem Elternteil ist, haben hingegen keine Auswirkung auf den Unterhalt. Ebenso müssen sich die Eltern bei der 50/50-Aufteilung darüber einigen, wo das Kind gemeldet ist und wer das Kindergeld erhält.


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