Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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13. Juli 1985 Stabhochspringer Sergej Bubka überspringt 6 Meter

Mit Sergej Bubka bekam der Stabhochsprung im Jahr 1985 ein strahlendes Gesicht: 6 Meter übersprang der Ausnahmesportler mit solcher Tollkühnheit, dass dieser Sport mächtig Zulauf bekam. Im Geschäft mit der Weltmeisterschaft wurde Bubka auch durch seine Salami-Taktik berühmt. Autorin: Anja Mösing

Stand: 13.07.2022 | Archiv

13 Juli

Mittwoch, 13. Juli 2022

Autor(in): Anja Mösing

Sprecher(in): Irina Wanka

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

20 Schritte! 20 Schritte als Anlauf. Mehr nicht.
Dazu natürlich der Stab.
Der ist fast fünf Meter lang. Und diesen enorm langen Stab packt er so, dass er wie eine Angel mit der Nase nach oben in der Luft steht.
Aber gestanden wird nicht. Es wird gerannt! Mit einem Affenzahn!
Höchstens 20 Schritte dürfen es werden. Schneller und schneller.

Hoch und loslassen

Und dann kommt dieser Moment, in dem das komplette Publikum im Stadion von Saint Denis einatmet: Es hält die Pariser Luft an, weil dieser junge Sportler einfach der Wahnsinn ist!
Sergej Bubka ist mit 1 Meter 83 und 80 Kilo Gewicht ein athletischer Mann und rammt den Stab jetzt mit voller Wucht in den Boden.
Durch den plötzlichen Widerstand biegt sich der elastische Stab und Bubka hält mit seiner Muskelkraft dagegen. So wird er vom Stab, der sich wieder geradebiegen will, hoch in die Luft katapultiert! Dabei hält Bubka sich immer noch fest am Stab und auf dem explosiven Weg nach oben macht er so etwas wie einen Aufschwung: Mit seinen Füßen voran springt er in den Himmel!

Völlig losgelöst

Und genau in dem Moment, in dem der Stab wieder kerzengerade steht, fliegt Bubkas Köper durchgestreckt und parallel zum Stab - aber mit dem Kopf nach unten! Bubkas Füße schweben weit oben, hoch über dem Stab! Und dann überfliegen sie die Latte.
Mit den Füßen voran überwindet Sergej Bubka am 13. Juli 1985 als erster Sportler der Welt eine Latte, die sechs Meter hoch liegt.
Höher als zwei Stockwerke!
Unten landet Bubka auf dem Rücken in einer weichen Matte.
Akrobatik von reinster Schönheit!

Eine französische Zeitung titelte am Tag darauf, Sergej Bubka sei dem Siebten Himmel nähergekommen. Im Siebten Stabhochspringer-Himmel blieb Sergej Bubka fast 20 Jahre lang Weltrekordhalter - Aber nicht untätig! Er stellte einen neuen Weltrekord nach dem anderen auf. Zentimeter für Zentimeter. Bubkas Salami-Taktik witzeln Kollegen und Presse. Eine schlaue Taktik!
Denn jeder seiner insgesamt 35 Weltrekorde brachte dem tollkühnen Ausnahme-Sportler Preisgeld: 100.000 Dollar für eine neue Höchstmarke waren leicht drin. Dabei zählten Rekorde in der Halle und im Freiluft-Stadion einzeln!

Für sein Können hatte er schon als 9jähriger angefangen, hart zu trainieren. Geboren im Osten der Ukraine, gewann er noch 1988 in Seoul für den sowjetischen Leichtathletik-Kader sein olympisches Gold. Damals erhielt jeder nur einen kleinen Medaillen-Bonus. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion landeten die Preisgelder beim Sportler selbst.
Ein märchenhaftes Vermögen ersprang sich Familienvater Bubka bis zum Ende seiner aktiven Sportlerkarriere im Jahr 2000. Zusammen mit seinem großen Bruder, auch ein Stabhochspringer der Weltklasse, investierte er in der Ukraine in Bankengeschäfte, kaufte Bäckereien und Tankstellen.

Nach 20 Jahren wurde das Bubka-Vermögen auf über 300 Millionen US Dollar geschätzt. Vor dem Krieg! Im Jahr 2022 ist Bubka Präsident des olympischen Komitees der Ukraine und sagt, er habe er ein gebrochenes Herz und tue alles, was er kann, um der Ukraine Frieden zu bringen und sein Volk zu retten. Diese Latte liegt unfassbar hoch. Für Sergej Bubka vielleicht nicht. Die Welt hält den Atem an.


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