Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

19. März 1953 Oscar-Verleihung zum ersten Mal im TV übertragen

Wie Hollywood seinem größten Konkurrenten begegnet? Im Zweifel mit einem Angebot, das so verlockend ist, dass man es nur annehmen kann. So war es jedenfalls im Jahr 1953, als Hollywood dem noch jungen Fernsehen zum ersten Mal erlaubte, die glamouröse Oscar-Preisverleihung zu übertragen. Autorin: Anja Mösing

Stand: 19.03.2024 | Archiv

19 März

Dienstag, 19. März 2024

Autor(in): Anja Mösing

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Heikel, heikel, heikel!
Vor laufender Kamera auf einer Bühne stehen und dabei zugleich dem unsichtbaren Erzfeind gefallen? Diesem neuen Medium und seinen Fans. Dem Feind nahezu aller 3.000 geladenen Gäste: Dem Feind der aktuellen Leinwand-Götter, der glamourösen Filmstars, ihrer Produzenten und Regisseure. Denn wie üblich waren alle, die in Hollywood einen Namen hatten, gekommen.

Und nun galt es für den Moderator auf der Bühne, nicht nur höflich zu bleiben, sondern auch noch witzig zu sein. Und was soll man sagen?
Er hat es geschafft!
Mit größter Eleganz meisterte Comedian Bob Hope am Abend des 19. März 1953 ein Paradox: Er führte als Master of Ceremony durch die erste Oscar-Verleihung, die in den USA und in Kanada im Fernsehen übertragen wurde.
Ein Paradox, weil er es schaffte, sie alle zu amüsieren:
Die Filmschaffenden, die sich im Saal des altehrwürdigen Kinopalasts versammelt hatten, im Pantages Theatre auf dem Hollywood Boulevard von Los Angeles und ihre Kolleginnen und Kollegen die zeitgleich im Saal des International Theatre von New York saßen und dazu nun auch all die unsichtbaren Fernsehzuschauer auf ihren Sofas daheim!
Heute eine Selbstverständlichkeit.
Damals nicht.

And the Oscar goes to ...

Das junge Fernsehen und seine Zuschauer waren Kinoschaffenden ein Dorn im Auge. Mehr und mehr blieb das Kinopublikum lieber zuhause auf dem eigenen Sofa sitzen und ließ sich dort von der neuen Flimmerkiste unterhalten. Deren Geld fehlte in den Kinokassen. Ein Schock für Hollywood.
Und nun ließ die Film-Academy ausgerechnet die Verleihung der Oscars an ihre glamourösen Kinostars vom Fernsehen übertragen? Das war unerhört! Ein Skandal. Vor allem war es aber: Strategie.

Kino-Oscars im Fernsehen?

Allein die Erfindung der Oscars war schon ein cleverer Schachzug der Filmstudiobosse gewesen. Damals in den 1920er Jahren. Da kriselte es auch gerade in der Branche. Gewerkschaften forderten endlich Arbeitsverträge für Arbeiter am Set. Der frisch erfundene Wettbewerb sollte positive Schlagzeilen für die Filmindustrie bringen. Werbung also!
Das funktionierte.

An diesem Abend nun spannte die schlaue Academy auch das jüngste Medium für sich ein. Mit der Übertragung der Oscar-Verleihung im Fernsehen konnten alle Menschen im Land sehen, wie Leinwand-Stars "in echt" reagieren! In einem Wettbewerb! Wie der attraktive Gary Cooper die bronzene Statue entgegennahm für seine Leistung als bester Hauptdarsteller im Western High Noon! Oder wie die fantastischen Darsteller des Musicals Singing in the Rain alle dasaßen und leer ausgingen.

Zu Beginn aber zeigte der Fernsehbericht Aufnahmen vom regennassen abendlichen Hollywood Boulevard mit all seinen Lichtern. Die Zuschauer daheim wurden mitgenommen in den voll besetzten Kinosaal, sahen wie sich der schillernde Vorhang bauschig hob, hörten wie die Musiker unten im Orchestergraben spielten und sahen all die bekannten Gesichter der Stars: aufgeregt und in eleganten Anzügen und prachtvollen Gewändern.
Moderator Bob Hope brachte die neue Situation auf den Punkt:
"Ist es nicht aufregend: in ganz Amerika kommt jetzt eine Menge glamouröser Stars zu Ihnen nach Hause! Viele Hausfrauen werden jetzt zu ihren Männern sagen: Zieh Dein Hemd an! Joan Crawford kommt!"


1