Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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17. Juni 1935 Luxusdampfer "Normandie" erhält das Blaue Band

Mit der Rekordzeit von 4 Tagen, 3 Stunden und 2 Minuten schaffte es die "Normandie" von Le Havre nach New York. Der Luxusdampfer war nicht nur schnell, sondern eine schwimmende Kathedrale. Das Ende des "schönsten Passagierschiffs" aller Zeiten war tragisch - bei Schweißarbeiten im Großen Salon brach Feuer aus. Autorin: Yvonne Maier

Stand: 17.06.2022 | Archiv

17 Juni

Freitag, 17. Juni 2022

Autor(in): Yvonne Maier

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Zwei Eimer Wasser hatte man nur bereitgestellt. Und diese zwei Eimer Wasser hatten natürlich nicht gereicht, um den Brand an Bord des französischen Luxusdampfers Normandie zu löschen. Hätte man sich denken können, aber wer konnte schon ahnen, dass es an Bord eines der schönsten Passagierdampfer der Geschichte auch anfangen würde zu brennen.

Die schnell schwimmende Kathedrale

Im Jahr 1932 lief der Dampfer vom Stapel, die Baukosten: 60 Millionen Dollar. Der französische Präsident war begeistert: "eine prachtvolle schwimmende Kathedrale, die Frankreichs Farben über den Atlantischen Ozean tragen" soll, so formulierte er es bei der Schiffstaufe. Ein Traum in Art Déco, mit Gold und Silber gerahmten Spiegeln, Wandpaneelen mit Abbildern von historischen Galeeren, afrikanischen Fischern und Seeungeheuern. Der Speisesaal war lichtdurchflutet und riesig, ein Theater gab es, zwei Schwimmbäder, Restaurants und sogar eine kleine Klinik war an Bord. Doch die Normandie war nicht nur schön, sie war auch schnell. Ihre Jungfernfahrt führte sie von Le Havre nach New York - innerhalb von vier Tagen, drei Stunden und zwei Minuten raste sie förmlich über den Atlantik. Am 17. Juni 1935 übernahm sie das Blaue Band - eine Auszeichnung für die schnellste Atlantiküberquerung. Und der Kapitän hatte wohl geahnt, wie schnell sein Schiff sein würde. Darum hatte er einen echten blauen Wimpel vorbereitet, 30 Meter lang, der bei der Einfahrt in den Hafen entrollt wurde.

Der Zukunft der Normandie schien nichts in die Quere kommen zu können, das Schiff war schnell das beliebteste auf der Atlantikroute. Es fuhr mehrmals von Europa nach New York und zurück, und absolvierte auch eine Kreuzfahrt über die Bahamas und Trinidad bis nach Rio de Janeiro. Es war Zufall, dass die "Normandie" zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in New York vor Anker lag und nach der Kapitulation Frankreichs nicht dem Vichy-Regime in die Hände fiel.

Das Ende des schönsten Passagierschiffs aller Zeiten

Die US-Amerikaner beschlagnahmten das Schiff, wollten es umbauen, in einen Truppentransporter. Aus der "Normandie" sollte die "Lafayette" werden. Dazu waren aber ein paar Umbauarbeiten nötig. 1942 brach im Großen Salon ein Feuer aus. Mit Schneidbrennern sollten die vier großen Lichtsäulen, für die die "Normandie" so bewundert wurde, entfernt werden. Funken fielen auf die Schwimmwesten, die hier zufällig gelagert waren. Schwimmwesten, die mit ölimprägniertem Material gefüllt waren, sie gingen sofort in Flammen auf. Natürlich hatten die Ingenieure aus Frankreich an Feuerlöscher gedacht, als sie die "Normandie" gebaut hatten. Doch von denen waren einige nicht mehr in Betrieb und andere konnten von den Arbeitern nicht bedient werden. Alle Aufschriften und Hinweise waren noch auf Französisch. Zwei lächerliche Eimer Wasser hatte man vor den Schweißarbeiten bereitgestellt. Über einen stolperte in der Aufregung noch ein Arbeiter, als es zu brennen anfing. Das Feuer war nicht zu löschen, Wasser drang in das Schiff ein.

Am Morgen des nächsten Tages legte sich der Rumpf zur Seite und die "Normandie" kenterte. Monatelang lag das Wrack im Schlick des New Yorker Hafens. Es war das Ende des wohl schönsten Passagierschiffs aller Zeiten, es war nur noch Schrott. Verkauft wurde der schließlich im Jahr 1946 für spärliche 161.000 Dollar.  


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