Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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11. Oktober 1971 Die Single "Imagine" von John Lennon erscheint

Eine Utopie von Anarchie und Weltfrieden bittet John Lennon sein Publikum sich vorzustellen. Die Single "Imagine", die am 11. Oktober 1971 erschien, ist zu einer Hymne der Friedensbewegung geworden. Eine Hymne, für die es auch mehr als 50 Jahre später leider noch mehr als genug Anlass gibt. Autorin: Fiona Rachel Fischer

Stand: 11.10.2023 | Archiv

11 Oktober

Mittwoch, 11. Oktober 2023

Autor(in): Fiona Rachel Fischer

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Frank Halbach

Ein Schlaraffenland, eine schöne neue Welt, eine post-apokalyptische Utopie, das ist sie, die Welt, in der alle Menschen vereint in Frieden leben, ohne Besitz, ohne Staaten, ohne Religion. Stellt sie euch vor, bittet John Lennon die Menschheit, als am 11. Oktober 1971 seine Single "Imagine" erscheint. Auf der anderen Seite der Erde tobt der Vietnamkrieg - der Auslöser für Lennons vorausgegangene musikalische Friedensapelle und die politische Radikalisierung des Beatles.

Ein Beatle gerät auf die schiefe Bahn

John Lennon hatte mit 16 Jahren die Vorgängerband der beliebten Pop- und Rockgruppe gegründet und diese als Songwriter maßgeblich geprägt. Doch noch vor der Auflösung der Band beginnt er, seinen eigenen Weg zu gehen. Lennon schreibt Theaterstücke und engagiert sich immer mehr für den Frieden. Mit seiner zweiten Frau und Kollegin, der Künstlerin und Experimentalkomponistin Yoko Ono, prägt und veranstaltet er sogenannte "Bed Ins" - die gemütliche Protestform des Tagelang-im-Bett-Sitzens und Presse-Konferenz-Haltens. Die Fans sind von dem Engagement begeistert, die Medien von den skandallosen Szenen enttäuscht. Die politischen Aussagen, die nicht nur in Songs zum Ausdruck gebracht werden, sondern durch weitere Proteste, werden dem angeklagten US-amerikanischen Establishment schließlich zu viel. Zu Beginn der 1970er hätte Lennon beinahe seine Aufenthaltsgenehmigung in den Vereinigten Staaten verloren. Ausgewiesen von einer Institution, die er sich in "Imagine" so gerne wegdenkt.

Singen für den Frieden

In dieser Single schafft er es jedoch, seine Botschaften sanft zu verpacken: Mit ein wenig Honig, wie er es selbst formuliert, schildert er eine von Anarchie geprägte Gesellschaft, die es gerade deswegen mit dem Weltfrieden geschafft hat. In einer einzigen Sitzung komponiert er den Superhit, am weißen Piano in seinem Parkanwesen in England. Die einschlägigen Lyrics sind inspiriert von Gedichten seiner Frau, die Lennon aber erstmal nicht als Co-Songwriterin nennt. Weglassen ist auch bei der musikalischen Ausführung das Gebot der Stunde: eine zweite Klavierstimme und sonstiges Brimborium werden gestrichen, bis die schlichte, eindrückliche Version entsteht, die heute noch immer wie eine Hymne gehandelt wird. Vielfach gecovert und immer wieder demonstrativ gespielt, um den Wunsch nach Weltfrieden auszudrücken.
Auch wenn so manche diesen Weltfrieden ein wenig anders denken und die Lyrics leicht abändern wollen. Beispielsweise die Weltkirche, die statt "keiner Religion" "eine Religion" zu singen gedenkt, bis Lennon dem einen Riegel vorschiebt. Noch heute verteidigt Ono die Aussage des Liedes gegen Schmarotzer.
Vielleicht ist Lennon also ein Träumer, wie er es in "Imagine" zugibt. Sein Leben - er wurde während eines Luftangriffs in Liverpool geboren - endet so gewaltsam, wie es begonnen hat. Der Friedensaktivist wird 1980 auf offener Straße von einem psychisch gestörten Fan erschossen. Man stelle sich eine Welt vor, in der die Menschen in Frieden leben und einander nichts zuleide tun.


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