Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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9. Oktober 1849 Poes Gedicht „Annabel Lee“ erscheint

Zwei Tage nach Edgar Allan Poes Tod erscheint in der "New York Daily Tribune" das Gedicht "Annabel Lee". Verse voller schmerzlicher Trauer um den Tod der schönen Geliebten - ist ein wiederkehrendes Motiv in verschiedenen Gedichten Poes. Viele sehen in den Zeilen Es wird oft einen Bezug auf den Tod von Poes Frau Virginia Clemm Poe. Autor: Michael Zametzer

Stand: 09.10.2023 | Archiv

09 Oktober

Montag, 09. Oktober 2023

Autor(in): Michael Zametzer

Sprecher(in): Caroline Ebner

Redaktion: Frank Halbach

Wer war eigentlich Angie, also "Angääää"? Wer war "Ba-ba-ba, ba-Barbara Ann", wer "Suzi Q., oh Suzi Q."? Wenn Frauen besungen oder bedichtet werden, ist nicht immer klar, wer wirklich gemeint ist – und ob es die Person auch wirklich gab. So ist es auch mit - Annabel Lee.
"Es sind viele, viele Jahre her, dass am Meeresufer allhie Ein Mädchen lebte – o fragt nicht mehr! – Mit Namen Annabel Lee. Und dies Mädchen lebte für mich allein, Und ich lebt’ alleine für sie."

Ein letztes Gedicht

"Annabel Lee" ist der Titel des wohl letzten Gedichts von Edgar Allan Poe. Veröffentlicht am 9. Oktober 1849, zwei Tage nach seinem Tod. Poe, der Meister der unheimlichen Erzählung, Erfinder der Detektivstory. Seine Erzählungen vom Untergang des Hauses Usher, von den Doppelmorden in der Rue Morgue, vom verräterischen Herz sind Klassiker. Und dann ist da noch – "Der Rabe", mehr als ein Gedicht: ein Blick in den Ozean der schwarzen Gedanken. Wird der Trauernde seine Geliebte im Jenseits wiedersehen? Drauf der Rabe: "Nimmermehr!". Auch in "Annabel Lee geht es um den Verlust einer Geliebten, wird ein Mädchen betrauert, das die unbarmherzige See, eigentlich aber finstere Dämonen, dem Geliebten raubten.
Edgar Allan Poe war ein Pionier des Horrors. Er löste das Grauen von den alten Gemäuern und packte es dahin, wo die größten Horrorgestalten lauern: In unserer Psyche. Die Bilder, die Figuren, die Räume, die Handlung – alles weist auf den Höhepunkt, die Katastrophe, hin. Und diverse Lebenskatastrophen treffen Edgar Allan Poe selbst.
Die Mutter stirbt, da ist er zwei und der Vater schon längst auf und davon. Der Pflegevater, von dem der junge Edgar das "Allan" im Namen erbt, ist wohlhabend und wohlmeinend. Er ermöglicht dem Ziehsohn Schulbildung und Familienleben. Und der lässt es krachen. Einer kurzen Zeit als Student folgt eine ebenso kurze Zeit als Soldat. Er spielt und säuft und verprasst das Geld des Stiefvaters. Der bricht alsbald mit ihm, und Poe zieht um, zur Tante mütterlicherseits, Martha Klemm – und zu Cousine Virginia.

Virginia und Annabel Lee

Viriginia Klemm ist erst dreizehn Jahre alt, als Edgar, 27, sie heiratet – in der Heiratsurkunde tragen sie einfach ein falsches Alter ein. Das Paar soll die ersten Jahre nicht das Bett geteilt haben. Aber die Seelen. Für das Waisenkind Poe wird Virginia zur Erfüllung. 1847 hustet sie Blut auf das weiße Kleid und stirbt mit nur 25 Jahren.
"Die Engel, nicht halb so glücklich im Blau, beneideten mich und sie – Ja, Dies war der Grund (wie ein Jeder weiß am Meeresufer allhie), dass der Wind aus der Wolke zur Nachtzeit brach, schnaubend mir raubend schön Annabel Lee."
Edgar Allan Poe überlebt seine Frau nur um zwei Jahre. Er stirbt am 7. Oktober 1849, unter Umständen, so mysteriös wie seine Gedankenwelt. Ob das mutmaßlich letzte Gedicht, das aus Poes Feder troff, wirklich seiner Virginia galt?
"Und so, jede flutende Nacht, liege ich an der Seite Meines Liebling- mein Liebling- mein Leben und meine Braut, Im Grab dort nah dem Meer, In ihrer Grabesstätte nahe dem tosenden Meer."


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