Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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31. Juli 1970 Black Tot Day für britische Marine

Jeden Tag ein Schlückchen Rum, das waren die britischen Matrosen gewohnt. Jahrhundertelang bekamen sie ihren Daily Tot. Plötzlich aber blieb das Glas leer. Die Schiffstechnologie war zunehmenden komplexer geworden. Betrunkene Matrosen waren da keine gute Idee mehr. Autor Martin Trauner

Stand: 31.07.2023 | Archiv

31 Juli

Montag, 31. Juli 2023

Autor(in): Martin Trauner

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Das muss ein trauriger, das muss ein schwarzer Tag gewesen sein für die "Royal Marines", also für die Englische Marine. Es ist der 31. Juli 1970. Und: An diesem Tag findet eine Tradition ihr Ende, nach weit über 300 Jahren. Einige Matrosen intonieren an diesem "Black day", an diesem "schwarzen Tag" auf Dudelsäcken melancholische Melodien, andere tragen schwarze Armbänder. Die englische Hafenstadt Portsmouth druckt sogar eine Sonderbriefmarke. -  Es ist der "Black Tot Day". Es ist der letzte Tag mit der Ausgabe der täglichen Portion Rum auf britischen Schiffen ... Von jetzt an heißt es nicht mehr: "Yo ho ho and a bottle of Rum" ...

Yo ho ho and a bottle of rum

Rum auf Schiffen? - Na, das kennt man vielleicht von den Piraten aus der Karibik, von Jack Sparrow, Johnny Depp. Ein Film halt. - Tatsächlich aber ist Rum der Schmierstoff der Kolonisation Amerikas. - Aber mal ganz von vorn. Als die Engländer im Jahr 1627 die unbewohnte karibische Insel Barbados in Anspruch nehmen, probieren sie es erst mal mit Tabakanbau. Doch das haut nicht hin. "Der schlechteste Tabak aller Zeiten", schreibt ein Zeitgenosse. Also versuchen sie es mit Zuckerrohr. Und das klappt, weit besser und vielfältiger als gedacht. Aus dem Abfallprodukt, einer Melasse, lässt sich ein Zuckerrohrschnaps destillieren, Rum. Ein Reisender berichtet: "Der Schnaps auf dieser Insel ist ein Kill-devil, ein Rumbullion!"

Rumbullion

"Rumbullion", oder abgekürzt "Rum", heißt eigentlich "Aufruhr". Aber das Gesöff hat einen großen Vorteil. Durch seinen hohen Alkoholgehalt, so um die 70 Prozent, hat es eine lange Haltbarkeit. Um die war es schon gegangen, als man auf den Schiffen Trinkwasser ersetzt hatte durch Bier. Nun aber tauschten die Royal Marines die tägliche Gallone Bier für die Matrosen, so um die vier Mass, gegen das neue Getränk "Rum". Der hält noch länger. Statt 4 Liter Hopfensaft mit einem Prozent Alkohol gab es jetzt einen viertel Liter Zuckerrohrschnaps mit viel Alkohol. Nur leider vernebelte der manchmal die Sinne der Schiffsbesatzung.

Grog

Das nahm man in Kauf. Denn der Rum hatte noch einen gewaltigen Vorteil auf den langen Überseetrips. Mit dem Proviant Wasser, Wein und Bier starben viele Matrosen anderer Flotten an Skorbut, an Vitamin C-Mangel. Der englische Admiral Edward Vernon, genannt "Grog", aber mischte in den Rum Wasser, Zucker und vor allem: Limetten- und Zitronensaft!  Er erfand damit ungewollt eine Art Cocktail mit Vitamin C, der die Matrosen auf langen Überfahrten vor Skorbut schützte. Eigentlich wollte er nur, dass man nicht so viel Alkohol konsumierte.

Yo ho ho

Im Jahr 1970 findet man freilich betrunkene Matrosen auf hoher See nicht mehr so zeitgemäß. Also lässt man das sein mit der täglichen Dosis Rum. Übrigens: Die Engländer waren nicht die letzten: Kanada schafft im Jahre 1972 den "daily Tot" ab, das tägliche Schlückchen. Neuseeland erst im Jahre 1990. Yo ho ho and a bottle of rum ...


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