Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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31. Oktober 1926 Houdini stirbt

Auch die größten Zauberer sind nicht unverwundbar - wie selbst der berühmte Houdini auf tragische Art und Weise erfahren musste. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 31.10.2016 | Archiv

31 Oktober

Montag, 31. Oktober 2016

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Anderen Leuten mit der Faust in den Bauch zu hauen, zeugt nicht von guter Kinderstube. Außer natürlich: sie haben einen vorher drum gebeten. Dann darf man das. Ungut ausgehen kann es trotzdem. So wie damals, als der Student Gordon Whitehead dem Ehrich Weiss einen Magenschwinger verpasst hat, auf den der nicht vorbereitet war.

Entfesselnd

Ehrich Weiss, Sohn des Budapester Seifensieders Mayer Samuel Weiß und dessen Frau Cäcilie, aufgewachsen in New York, die Familie: arm und kinderreich, der kleine Ehrich muss früh mithelfen, sich und die Seinen zu ernähren. Eines Tages jedoch beschließt Ehrich, dass er, anstatt in einem Büro zu versauern, lieber ein berühmter Zauberkünstler werden wolle. Und weil sein Vorbild der französische Zauberer Robert-Houdin ist, nennt er sich fortan: Harry Houdini.

Die Erfindung, mit der Houdini tatsächlich weltberühmt wird, ist sein "Entfesselungsakt". Auf wunderbare Weise befreit sich Houdini in Theatershows und auf öffentlichen Plätzen aus Handschellen, Stricken und Fußeisen, er entschlüpft Zwangsjacken, bricht aus Käfigen und Gefängniszellen aus, entkommt Koffern und Sarkophagen, einem verschnürten Postsack und einer mannsgroßen verschlossenen Papiertüte, und das: ohne das Papier zu zerreißen. Immer neue Körperbeengungsmethoden entspringen Houdinis Geist. Er lässt sich gefesselt in Särge eingraben und kopfüber in vereiste Flüsse versenken, und nach einiger Zeit ist er aus dem Sarg verschwunden, ungefesselt, fröhlich im Wasser schwimmend. Und keiner kann sagen, wie er's gemacht hat, und Houdini ist ein großer Zauberer vor dem Herrn.

Tödlich

Dann kommt dieser Oktobertag des Jahres 1926. Houdini gibt eine Vorstellung in Montreal.

Ein paar Tage zuvor hat er noch an einer Universität unterrichtet und die Studenten auf die Wichtigkeit der Körperbeherrschung hingewiesen. Er zum Beispiel könne jedem Fausthieb mühelos standhalten. Und jetzt hat Houdini in seiner Theatergarderobe Besuch: Drei Studenten, von der Uni. Einer von ihnen, mit Namen Whitehead, fragt Houdini, ob das mit den Fausthieben richtig sei. Natürlich, sagt Houdini. Der Student meint, dann wolle er mal sehen, und schlägt Houdini mehrmals mit voller Wucht in den Bauch. Das Problem ist, dass Houdini - auf der Couch liegend - seine Bauchmuskeln nicht richtig anspannen kann. Auch schnell aufstehen geht nicht, weil er sich ein paar Tage zuvor den Knöchel verstaucht hat. Das also ist kein guter Zaubertrick. Und Houdini ruft dem Studenten zu, er solle das lassen.

Zwei Tage später hat Houdini hohes Fieber. Der Arzt konstatiert einen Blinddarmriss. Houdini, der Ärzte und hohes Fieber verabscheut, tritt trotzdem auf, aber er hält nicht durch. In der Nacht noch bringt man ihn ins Krankenhaus, dort kommt eine Bauchfellentzündung dazu, und die ist damals - ohne Antibiotika - tödlich. Am 31. Oktober 1926 stirbt Ehrich Weiss alias Harry Houdini. Hunderttausende Fans in aller Welt betrauern ihn, das Begräbnis in New York ist eine Veranstaltung für die Massen. Whitehead, der Student, wird für seine Tat nicht belangt. Ob er sich bei Houdini für die Schläge entschuldigt hat, ist nicht bekannt.


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