Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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29. April 1913 Gideon Sundback erhält Reißverschlusspatent

Ein beliebig oft zu lösendes Verschlussmittel - bis zum Ermüdungsbruch. Auch wenn es am Anfang hakte mit ihm, der Reißverschluss ist heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Autorin: Regina Fanderl

Stand: 29.04.2016 | Archiv

29 April

Freitag, 29. April 2016

Autor(in): Regina Fanderl

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Wehe, er funktioniert nicht! Anoraks flattern im eisigen Wind, durch Hosentüren zieht‘s, Rucksäcke verlieren ihren Sinn und Geldbeutel ihren Inhalt, pfenniggute Röcke wandern in die Tonne. Eine geniale Erfindung mit Tücken. Wenn Tucholsky 1928 feststellt, dass kein Mensch sich erklären könne, warum der Reißverschluss funktioniert, dann wissen wir fast 100 Jahre später, dass er manchmal eben nicht funktioniert. Dass er klemmt, wo er nicht klemmen soll und nicht selten einfach – von ganz alleine - aufgeht. Trotzdem: was wäre unser Leben ohne?

Mit Haken und Ösen

An einem praktischen Ersatz für die üblichen Bänder, Schnürsenkel, Knebel oder Knöpfe tüfteln in den USA schon im 19. Jahrhundert eine Reihe von Erfindern. Ein gewisser Whitcomb Judson bietet schließlich 1893 auf der Weltausstellung in Chicago einen auf Haken und Ösen basierenden "clasp locker", auf deutsch "Klemmöffner für Schuhe" an. Leider bewundern die 21 Millionen Besucher lieber das erste elektrische Riesenrad der Welt oder die erste Bauchtänzerin in den USA mit Namen "Little Egypt", als sich für eine - zugegeben - noch nicht recht ausgefeilten - Erleichterung für ihren Alltag zu interessieren. 

Der wahre Durchbruch des Reißverschlusses gelingt erst 20 Jahre später dem schwedisch-amerikanischen Ingenieur Gideon Sundback. Der in Bingen am Rhein ausgebildete Maschinenbauer konstruiert eine kleinere, leichtere und zuverlässigere Variante: das noch heute gebräuchliche System aus zwei biegsamen Stoffstreifen mit kleinen Zähnen an den Seiten und einem Schieber, der die Zähne ineinander verhakt und wieder löst.  Am 29. April 1913 bekommt Sundback das Patent darauf.

Eine nutzlose Erfindung?

Bedauerlicherweise nicht mehr zu Lebzeiten von Whitcomb Judson, quasi dem Ur-Vater des Reißverschlusses. Er war kurz davor in dem traurigen Glauben gestorben, dass seine Erfindung wohl nie einen praktischen Nutzen haben würde.

Welch ein Irrtum! Erst einmal für Stiefel und Tabakbeutel der US-Truppen im 1. Weltkrieg, dann, ab 1930, in der Textilindustrie, legt der patente Tausendsassa einen weltweiten Siegeszug ohnegleichen hin. Freilich gibt es den "Zip" - was soviel bedeutet wie "Schwung" - bald auch an Männerhosen. Mit dem mitunter peinlichem Effekt, dass die Herren der Schöpfung vor lauter Schwung vergessen, den Reißverschluss zuzuziehen! Eine Frauenzeitschrift empfiehlt ihren Leserinnen, das Hosentürl des Gatten immer gut unter Kontrolle zu halten.

Heute ist Sundbacks Patent - von der Mode bis zur Raumfahrt - aus keinem Bereich des modernen Lebens mehr wegzudenken.

Allein Deutschland produziert pro Jahr um die 70 Millionen laufende Meter Reißverschlüsse. Wahrscheinlich auch deshalb, weil halt immer mal wieder was klemmt, hakt, herausrutscht oder ausreißt… und dann braucht man eben einen neuen!


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