Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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24. Oktober 1862 Otto von Griechenland abgesetzt

Fast 30 Jahre lang war er König von Griechenland, Otto, der Sohn Ludwigs I. von Bayern. Doch Ottos Begeisterung für Griechenland war am Ende größer als die Begeisterung der Griechen für ihn. Am 24. Oktober 1862 wurde er abgesetzt.

Stand: 24.10.2011 | Archiv

24 Oktober

Montag, 24. Oktober 2011

Autor(in): Elke Endraß

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Die Nachricht, die Ludwig I. 1862 von seinem Sohn Otto erhielt, war nur ein weiterer Schicksalsschlag von vielen. Am 24. Oktober war Otto, der bayerische Griechenkönig, durch einen Militärputsch gezwungen worden, die Krone niederzulegen. Wie zur Beschwichtigung ließ Otto von Korfu aus seinem Vater mitteilen, dass er auf den Thron nicht verzichtet habe. Er verlasse Griechenland aber vorerst und befinde sich auf dem Weg nach München. Ludwigs griechischer Traum, den er mithilfe seines zweitgeborenen Sohnes verwirklichen wollte, war zerplatzt wie eine Seifenblase.

Griechenfieber und "Isar-Athen"

Genau genommen war das Unternehmen von Anfang an ein zweifelhaftes Abenteuer gewesen. Seit sich die Griechen gegen die Türkenherrschaft erhoben hatten, war in Europa das Griechenfieber ausgebrochen. Es gab Griechenvereine, Griechenlieder, Griechenkomitees und vieles mehr. In Deutschland waren es vor allem die Bayern, die dem so genannten Philhellenismus frönten. Der kunstsinnige König Ludwig I. verwandelte München in ein "Isar-Athen" und spendete den aufständischen Griechen stattliche Geldsummen, um sie in ihrem Freiheitskampf zu unterstützen. Auch Ludwigs Sohn Otto war vom Griechenvirus infiziert.

Dafür sorgte schon sein Lehrer Friedrich Thiersch, ebenfalls bekennender Philhellene. Thiersch war es auch, der Otto als Regenten für das neue Königreich Griechenland vorschlug, als dieses endlich die Freiheit erlangt hatte. Die Schutzmächte England, Frankreich und Russland gingen darauf ein. Otto war zwar noch minderjährig, aber er fungierte ohnehin nur als getreuer Vasall seines Vaters.

Noch drei Jahre nach Ottos Ankunft in Griechenland schrieb ein Zeitgenosse voller Enthusiasmus: "König Otto wird den Ruhm für ewige Zeiten ernten, ... denn den guten Anfang leitet der Himmel auch zu gutem Ende." Aber der Himmel muss auf diesem Ohr taub gewesen sein, denn Ottos griechisches Intermezzo scheiterte kläglich.

Zwar wurde während der drei Jahrzehnte, die Otto im Land seiner Träume weilte, das Fundament für den modernen griechischen Staat gelegt; Otto gründete die erste griechische Universität und brachte Justiz, Medizin und Landwirtschaft voran. Trotzdem zeigte sich überdeutlich, dass Otto nicht zum Herrschen taugte. Das Regieren überließ er seinen bayerischen Beamten, so dass in Griechenland schon bald von einer "Bavarokratie" die Rede war.

Kein freudiger Willkomm

Otto, der sich als König von Gottes Gnaden verstand, verweigerte den Griechen eine Verfassung, bis diese erneut den Aufstand probten, diesmal gegen die Bayern. Die weiß-blauen Beamten wurden nach Hause geschickt. Otto, der nun auf ihre Unterstützung verzichten musste, wurde zum Spielball der Großmächte. Mit seiner Unentschlossenheit brachte er seine griechischen Untertanen zur Weißglut. Wie schafft man sich einen solchen König möglichst unblutig vom Hals? Das erfahren wir von Konsul Kollmünzer, der dieses Ereignis damals miterlebte. Er schrieb:

"Nach Verlauf mehrerer Jahre überredete man den Monarchen, wieder einmal eine Reise gesundheitshalber für ein paar Monate zu Wasser rund um sein Reich zu unternehmen, und zwar in Begleitung Ihrer Majestät der Königin. König Otto, nichts Böses ahnend, entschloss sich hierzu, jedoch bei Höchstderen Zurückkunft im Hafen von Piräus anstatt mit gebührender Ehrfurcht und freudigem Willkomm empfangen zu werden, wurden Ihre Majestäten gebeten, sich nicht an Land zu begeben, weil die Nation beschlossen habe, dem König Otto seiner Kinderlosigkeit halber die Zügel der Regierung nicht mehr zu überlassen."

Die Kinderlosigkeit war natürlich nur ein Vorwand. Und der vornehme Stil, in dem der Konsul Bericht erstattete, verschleiert die Tatsachen ein wenig. Richtig ist, dass sich die bayerischen Majestäten einer wütenden Volksmenge gegenübersahen und sich nicht einmal mehr auf ihrem eigenen Schiff sicher fühlten. Mithilfe der Engländer erreichten sie schließlich die rettende Heimat.

Seine letzten fünf Lebensjahre verbrachte Otto in Bamberg. So recht begriffen hat er sein tragisches Schicksal nie. Bis zuletzt hoffte er, dass ihn die Griechen reumütig zurückholen würden. Noch in seiner Sterbestunde flüsterte er: "Griechenland, mein liebes Griechenland!"


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