Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Requiem für die Münchner Abendzeitung

Ehemaliger Eingang der Abendzeitung | Bild: picture-alliance/dpa

Samstag, 27.09.2014
08:05 bis 09:00 Uhr

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BAYERN 2

Blätterdämmerung
Requiem für die Münchner Abendzeitung
Von Heidi Wolf
Als Podcast verfügbar
Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr

66 Jahre lang war die Münchner Abendzeitung auf dem Markt - im März 2014 stellte dann die Verlegerfamilie Friedmann Insolvenzantrag. Das flotte Boulevardblatt, das jahrzehntelang "das Gesicht dieser Stadt" sein wollte, hatte schon lange rote Zahlen geschrieben. Ein "Retter-Duo" fand sich: der Straubinger Verleger Martin Balle und der Münchner Wirtschaftsanwalt Dietrich von Boetticher, der sein Vermögen vor allem mit Immobilienfonds gemacht hat. Die AZ gehört damit seit dem 1. Juli 2014 zur Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung. Martin Balle will aus dem Blatt, das 1948 als "legitimes Besatzungskind" aus einem Experiment heraus entstand, eine Heimatzeitung machen. Nur ein kleiner Teil der Belegschaft konnte bleiben. Die AZ-Journalisten sind weiterhin für Lokales, Feuilleton und ein bisschen Sport zuständig; Politik und Wirtschaft liefert das konservative Verlagshaus in Straubing, wo die AZ jetzt auch gedruckt und in der Nacht nach München gekarrt wird.
Kann das gut gehen: Konservative Meinungsmache für eine bisher eher linksliberale Leserschaft, eine "schöne, helle, aufgeräumte Zeitung zum Frühstück", wie es der neue Besitzer formulierte, statt frecher, kritischer Berichterstattung? Landluft statt Großstadtluft? Eine Familienzeitung in einer Stadt mit einem überaus hohen Single-Anteil?
Heidi Wolf hat nachgefragt und Entwicklungen nachgespürt: Wann hat die AZ den Draht zu den Leserinnen und Lesern verloren, offensichtlich am Bedarf vorbeigeschrieben? Hat (gut gemachter) Boulevard überhaupt noch eine Chance auf dem Markt - oder deckt das Internet sämtliche Bedürfnisse ab? Ist die Abendzeitung nur ein Exempel für das allmähliche Sterben der Printmedien - für die "Blätterdämmerung" in einer digitalisierten Welt?
Ein Requiem für die Münchner Abendzeitung. Denn so oder so: die AZ als Boulevardzeitung mit Esprit gibt es nicht mehr ...

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

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