Bayern 2

     

Zündfunk Generator Ein Portrait des Künstlers und Autors Kodwo Eshun

Sonntag, 20.01.2013
22:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

Space, Sound & Systeme
Ein Porträt des Künstlers und Autors Kodwo Eshun
Von Judith Schnaubelt
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast verfügbar

Längst war die überbordende Euphorie der Techno-Generation verpufft, als 1998 ein Buch erschien, dass der Musik, zu der die letzten große Jugendbewegung des 20. Jahrhunderts tanzte, einen theoretisch-historischen Überbau verlieh. Titel: "Heller als die Sonne - Abenteuer in der Sonic Fiction". Der Londoner Musikjournalist und DJ Kodwo Eshun hatte diese Hymne auf Techno, Elektro, House, Drum & Bass und deren Urvater, den kosmischen Jazz, verfasst. Noch heute gilt "Heller als die Sonne" vielen Maschinenklang-Futuristen als Manifest.
Ende der 1990er Jahre verabschiedete sich Kodwo Eshun, der lange Zeit Kolumnen zu Themen wie Science-Fiction-Literatur, Cybertheorie und neue Musik für das englische Lyestyle-Magazin "i-D" verfasst hatte, weitgehend vom Pop-Journalismus. "Je herausfordernder ich ein Album finde, desto mehr denke ich nach, desto langsamer schreibe ich. Ich würde gerne einen 10-seitigen Artikel über Frank Oceans Album "Channel Orange" schreiben, aber dafür gibt es keinen Platz mehr in den Musikzeitschriften."
Im Jahr 2002 gründet Eshun mit der Filmemacherin Anjalika Sagar ein Kunstprojekt: Die "Otolith Group", die sich auf Film- und Videoessays spezialisiert hat und 2010 für den Turner-Prize nominiert war.
"Unsere Filme sind Science-Fiction-Filme über die Gegenwart. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima beispielsweise ist ein Szenario wie aus einem Science-Fiction, der im Heute stattfindet." Ihren filmischen Essay "The Radiant" hat die Otholith Group in Tokio und im Gebiet um Fukushima gedreht.
"Die zukünftige Bedrohung existiert schon. Tschernobyl war 1986. Die Amerikaner hatten Three Mile Island. Fukushima ist heute, ist die Katastrophe unserer Zeit. Deshalb wollten wir jetzt dazu ein Statement angeben."
Das neueste Werk der "Otolith Group" kann man zurzeit im Münchner Haus der Kunst sehen, in der Ausstellung "ECM - Eine kulturelle Archäologie". Es ist eine filmische Studie über Codona, das Trio der Jazz-Avantgardisten Colin Walcott, Don Cherry und Nana Vasconcelos. "Während ich Codonas Musik hörte", sagt Kodwo Eshun, "wurde mir klar, dass ihre drei Alben zu der Zeit entstanden, als sich zwischen den USA und der UdSSR der Nachrüstungskonflikt zuspitzte, zwischen 1978 bis 1982. Ein Atomkrieg schien damals möglich. In diesen Kontext ordnete ich dann Codonas Musik ein. Meine Vision war, dass Codona Musik für eine postnukleare Zukunft gespielt haben."
Mehr über Kodwo Eshuns Visionen, seine Arbeit und Anmerkungen zu den Krisen der Jetztzeit im Zündfunk-Generator.