Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Ilse Totzke, von Würzburg nach Yad Vashem

Ilse Totzke | Bild: Staatsarchiv Würzburg

Sonntag, 06.04.2014
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

"Das Vorgehen gegen die Juden halte ich nicht für richtig"
Ilse Totzke, von Würzburg nach Yad Vashem
Von Jutta Körner und Dorothea Keuler
Als Podcast verfügbar

"Das Vorgehen gegen die Juden halte ich nicht für richtig. Mit diesen Maßnahmen kann ich mich nicht einverstanden erklären. Hierzu möchte ich betonen, daß ich keine Kommunistin bin. Mir ist ein jeder anständige Mann recht, ganz gleich welcher Nationalität er angehört." Es brauchte schon Mut zu einem solchen Bekenntnis, noch dazu in einem Gestapo-Verhör.
Ilse Sonja Totzke, zum Zeitpunkt dieses Verhörs 28 Jahre alt, stammt aus einer Künstlerfamilie. Geboren 1913 in Straßburg, kommt sie 1932 zum Musikstudium ans Konservatorium nach Würzburg und fällt bald auf: weil sie den Hitlergruß verweigert und weil sie auch sonst keinen Hehl daraus macht, dass ihr die ganze Richtung nicht passt. 1936 oder 1937 wird sie relegiert. Dass sie bei jüdischen Familien zur Untermiete wohnt und jüdische Freunde hat, ist in dieser Zeit schon fast ein Verbrechen. Dass sie keiner geregelten Arbeit nachgeht, tags lange schläft und spät abends ausgeht, manchmal in Männerkleidung, macht sie zusätzlich verdächtig. Ilse Totzke wird bespitzelt und denunziert. Die Gestapo überwacht ihre Post, durchsucht ihre Wohnung, verhört sie und droht ihr Verhaftung und KZ an.
Zwischen November 1942 und Februar 1943 bringt Ilse Totzke mehrere befreundete Jüdinnen illegal über die Schweizer Grenze. Bis sie und ihre Begleiterin von Schweizer Zollbeamten gefasst und an die Gestapo ausgeliefert werden. Ilse Totzke wird ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Über ihr Leben nach der Befreiung weiß man wenig. Ilse Totze starb 1987 in Haguenau im Elsass. Sie hat keine Spuren als Konzertpianistin oder Dirigentin hinterlassen, aber in den Erinnerungen einiger Holocaust-Überlebender findet sie Erwähnung. Und in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem wird sie als eine "Gerechte unter den Völkern" geehrt. In Würzburg hat man inzwischen eine Straße nach ihr benannt.