Bayern 2

     

Bayern - Land und Leute Richard Scheringer, ein Roter unter Schwarzen

Richard Scheringer | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 26.10.2014
13:30 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Ein Roter unter Schwarzen
Richard Scheringer, Bauer vom Dürrnhof
Von Peter Michael Schenkel
Bis 2.11.2014 als Streaming verfügbar

Vielleicht, weil das Wort "Kommunist" spätestens ab dem Beginn des Kalten Krieges ausreichte, einen damit Bezeichneten nicht weiter ernst zu nehmen, wird bis heute wenig gewürdigt, wie vielfältig und charakteristisch das Leben Richard Scheringers mit deutscher Zeitgeschichte verwoben ist.
Der Offizierssohn verliert den Vater früh im Felde und entfaltet sein politisches Bewusstsein inmitten von Versailler Vertrag, Dolchstoßlegende, Reparationszahlungen, Kapp-Putsch und Hitlers Marsch zur Feldherrnhalle, irrt zwischen links und rechts umher, wie diese ganze Epoche, in der die Nazis allen Ernstes die Wörter "sozialistisch" und "Arbeiter" im Parteinamen führen. Nach dem berühmten Reichswehrprozess 1930, in dem er und zwei Freunde wegen Anstachelung zum Umsturz verurteilt werden und Hitler als Zeuge auftritt, wird Scheringer, enttäuscht vom Unsozialistischen der Nazis, zum Kommunisten, einer der Freunde geht zur SA.
Der SA-Freund schützt den Kommunisten bis zum Kriegsende. Der Kommunist erlebt, wie der SA-Freund 1947 als Kriegsverbrecher gehängt wird: deutsche Geschichte.
Seit 1930 beim bayerischen Kösching ansässig, führt Scheringer lebenslang ein intensives Bauernleben, verschenkt Land an Heimatvertriebene und setzt mit seiner Frau elf Kinder in die Welt, die ihre Wohnsitze zu etwa gleichen Teilen über BRD und DDR verteilen. Selten hat eine Familie in dieser Art deutsche Einheit gelebt, und er selbst wurde in den Fünfzigerjahren doch tatsächlich wegen des Vergehens vor Gericht gebracht, für die deutsche Einheit gestritten zu haben.
Er war der berühmteste Kommunist Bayerns, berühmt weit über seine Parteianhänger hinaus. Selbst ein katholischer Pfarrer schrieb an Bundespräsident Heuss, man möge ihn vor Haft bewahren. "Mei", hieß es gern, "er is halt bei der falschen Partei, aber großartig ist er."
Wegen seines Herzleidens riet ihm sein Arzt 1986 dringend davon ab, zum DKP-Parteitag zu reisen. Er tat's trotzdem, hielt eine flammende Rede und starb kurz danach.