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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Schaut unter eure Kissen!

Es lohnt sich, ab und zu den Hintern hochzukriegen. Vor allem dann, wenn man auf einem Sofakissen Platz genommen hat. Darunter verbergen sich manchmal ungeahnte Schätze! Eine Glosse von Thomas Koppelt.

Von: Thomas Koppelt

Stand: 13.07.2023

Was haben Chips-Krümel, Kleingeld und millionenschwere Testamente gemeinsam? All diese Dinge finden sich unter Sofakissen. Zugegeben, Chips-Krümel habe ich bislang auf meiner Couch häufiger angetroffen als letzte Willensbekundungen – aber da es bekanntlich nichts gibt, was es nicht gibt, kommt auch das zuweilen vor.

2014 zum Beispiel. Da entdeckte man unter einem Sofakissen in einem Vorort von Detroit das Testament der Soul-Legende Aretha Franklin. Bis zuletzt haben sich die Erben darüber gestritten, ob ein derart profan verwahrter Wille wirklich ernstgemeint sein kann. Nun hat ein Gericht entschieden: Ja, er kann. Und dieses Urteil ist ein Weckruf für uns alle: Werfen Sie öfter mal einen Blick unter die Kissen! Sehen Sie nach, was Ehegatte, Lebensabschnittsgefährtin oder Nachwuchs dort hinterlegt haben.

Ich zum Beispiel stoße des Öfteren auf Verpackungspapier von heimlich verzehrten Süßigkeiten. Will meine Tochter mir auf diese Weise subtil meine erzieherische Ohnmacht vor Augen führen? Oder hält sie mich einfach für doof? Apropos doof: Es soll immer noch Menschen geben, die ihr gesamtes Vermögen in Bargeld unterm Kopfkissen horten. Finanzexperten raten von dieser Form der Wertanlage ab. Aber bedenken Sie: So ein handelsübliches Federbett verlangt wenigstens keine Negativzinsen.

Latein-Vokabeln unter dem Kopfkissen

Da bietet das Kopfkissen insgesamt gesehen doch eine lukrativere Verzinsung als so manche Bank. Manchmal schüttet so ein Kopfkissen auch eine saftige Dividende aus. Für einen einzigen unter dem Kissen angelegten Milchzahn erhält man, je nach Spendierlaune der zuständigen Zahnfee, bis zu fünf Euro. Beim Arzt muss man Geld bezahlen, wenn man einen Zahn loswerden will. Lohnt es sich also, Dinge nicht unter den Teppich zu kehren, sondern sorgfältig unters Kissen zu verfrachten? Ich wuchs ja in dem festen Glauben auf, Latein-Vokabeln könne man quasi im Schlaf lernen, wenn man das Vokabelheft vor dem ZU-Bett-Gehen unter dem Kopfkissen deponiert.

Aber wer solchen Lernstrategien vertraut, der setzt seine Hoffnung wahrscheinlich auch auf die Homöopathie. Deren Grundsatz lautet ja: Eine Substanz ist umso wirksamer, je stärker man sie verdünnt. Wenn dem so wäre, dann würden die Chips-Krümel unter dem Sofakissen Sie während des Fernsehabends satter machen als ein solides Abendbrot. Und das Testament unter dem Kissen daneben würde eine umso größere Erbschaft in Aussicht stellen, je kleiner es geschrieben ist. Wie gesagt: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Aber ganz ehrlich? Ich bin skeptisch.


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