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Pflege rund um die Uhr Med. Versorgung, Pflege und soziale Betreuung

Wird der demente Angehörige immer pflegebedürftiger, dann kann er oft nicht mehr weiter zu Hause leben – Angehörige überlegen, welches Heim eignet sich?

Von: Uli Hesse

Stand: 20.09.2017

Im Altenheim St. Gertrud in Leipzig (Sachsen) hat die 101-jährige Heimbewohnerin Gertrud Köhler viel Spaß beim Besuch der beiden Clowns Sophie Hanses-Ketteler (r) und Maritta Brauer. | Bild: picture-alliance/dpa

Vor allem für Angehörige von stark pflegebedürftigen und verhaltensauffälligen Betroffenen lohnt sich manchmal eine Einrichtung, die auf Menschen mit Demenz spezialisiert ist. Alternativ dazu können demenzkranke Verwandte auch in einem ganz normalen Alten- und Pflegeheim zusammen mit anderen Senioren unterkommen.

Ambulant oder stationär?

Viele alleinlebende Demenzkranke werden von ambulanten Pflegediensten versorgt. Sie kommen meist als erste zum Einsatz, da viele Pflegebedürftige lieber zu Hause bleiben als in ein Heim zu ziehen. Sie sind häufig gut vernetzt und können weitere Hilfsmöglichkeiten empfehlen. Die Grenze ist meist erreicht, sobald die Patienten Pflege rund um die Uhr benötigen.

"Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus sollte der Sozialdienst des Krankenhauses eine Anschlussbetreuung durch ambulante Pflegedienste organisieren. Viele Angehörige sind verzweifelt, weil die ambulanten Dienste wegen des Fachkräftemangels so wenig freie Kapazitäten haben. Da hilft nur ein gut vernetzter Sozialdienst im Krankenhaus oder ein Anruf bei jedem Pflegedienst."

Lydia Ahlig

Wie finde ich das geeignete Heim?

Angehörige sollten sich fragen: Was ist mir wichtig? Was soll dort gemacht werden? Es gibt beispielsweise spezielle Pflegeheime für Demenzkranke, die weglaufgefährdet sind oder andere Menschen verletzen. Andere beherbergen eine Mischung aus stark pflegebedürftigen Menschen und Patienten, die noch an einer leichten Form erkrankt sind, so dass die Patienten miteinander leben und sich gegenseitig helfen können. Auch die Lage ist wichtig: Wenn ich den Angehörigen nahe bei mir behalten möchte, kommen nur Pflegeheime in der Umgebung in Frage.

Die meisten Pflegeheime stellen ihr Konzept und Pflegeschwerpunkt auf ihrer Webseite vor.

MD-Qualitätsbericht als Entscheidungshilfe

Der Medizinische Dienst (MD) prüft Alten- und Pflegeheime regelmäßig hinsichtlich ihrer Pflegequalität und inwieweit sie die Pflegestandards einhalten. Dazu interviewt er auch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen; außerdem fließen Informationen des Pflegeheims darin ein, wie z.B. die Vielfalt des Essenangebots.

Das Ergebnis des Qualitätsberichtes wird auf der Website des Pflegeheimes veröffentlicht und teilweise von der Pflegekasse in den Suchmaschinen Pflegelotse und Pflegenavigator.

Tipp: Nicht unbedingt der Preis einer Einrichtung entscheidet über die Qualität der Pflege. Vertrauen Sie auch auf die Erfahrungsberichte anderer Angehöriger in Ihrem Umfeld.

Selbst aktiv werden

"Angehörige, die ein Heim für einen pflegebedürftigen Demenz-Patienten suchen, müssen sich selbst kundig machen: Einrichtungen unterschiedlicher Träger besuchen, sich in der Angehörigen-Gruppe über ihre Eindrücke austauschen, Konzepte lesen und vergleichen und sich bei den Fachstellen, den Pflegeberatungsstellen oder den Pflegestützpunkten informieren. Darum ist es umso wichtiger, sich mit dem Thema frühzeitig auseinanderzusetzen."

Lydia Ahlig

Kosten

Die Leistungen der Pflegekasse gliedern sich in ambulante Leistungen, die man zur Unterstützung z.B. des Pflegedienstes zu Hause bekommt, und in stationäre Leistungen. Die Eigenanteile für stationäre Leistungen sind dabei unterschiedlich und variieren von Region zu Region und Heim zu Heim. Allgemein beginnen die Kosten für einen Heimaufenthalt bei etwa 1.500 Euro, die Spanne nach oben ist offen. Durchschnittlich sind es 2.000 bis 3000 Euro im Monat. Große Pflegeheime mit 120 bis 140 Betten sind generell günstiger als ein kleineres familiäres Heim mit 30 Betten.

Ist das eigene Ersparte und die Rente aufgebraucht, dann können Angehörige für den Pflegebedürftigen Hilfe zur Pflege beantragen.

Angehörigen-Entlastungsgesetz

Im Schnitt kostet ein Heimplatz 4.000 Euro pro Monat. Rund 1.900 Euro davon müssen die Pflegebedürftigen aufbringen. Doch welche Rente reicht schon für diesen Eigenanteil aus?

Bisher war es so, dass sich das Sozialamt das Geld für die zusätzlichen Pflegekosten von den Angehörigen zurückholte oder von vornherein die Angehörigen die Kosten, für die die Pflegekasse nicht aufkam, übernahmen – insgesamt jährlich bis zu 300 Millionen Euro. Vielen Angehörigen graute davor, deswegen pflegten viele ihre demenzkranken Verwandten zu Hause weiter, obwohl sie längst überfordert waren.

Das hat sich durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz geändert, das zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist. Erwachsene Kinder müssen nun nur dann zahlen, wenn sie über ein Bruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro im Jahr verfügen. Vorhandenes Vermögen bleibt dagegen unberücksichtigt. Schätzungen zufolge werden nur noch zehn Prozent der Angehörigen Elternunterhalt leisten.

Recht auf Information

Hat man sich für ein Heim entschieden, dann sollten Angehörige wissen, dass sie ein Recht darauf haben, informiert zu werden. Sie dürfen das Pflegepersonal fragen, wie es ihrem demenzkranken Verwandten geht. Falls es Probleme mit dem Heim gibt, wendet man sich am besten an die Pflegeberatungsstelle, die kennt die nächste Beschwerdestelle.

"Man kann viele Dinge klären, aber dafür muss man miteinander sprechen. Da das Pflegepersonal oft stark beansprucht ist, lohnt es sich zum Beispiel, einen Termin für ein Gespräch zu vereinbaren, denn auch die Pflegekräfte sind an einer guten Zusammenarbeit mit den Angehörigen interessiert."

Lydia Ahlig


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