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Angst vor Wettrüsten Moskau präsentiert neuen Kampfpanzer

Russland hat mit einer Militärparade den 70. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland gefeiert. Dabei wurde in Moskau erstmals ein neuer Kampfpanzer präsentiert. In russischen Medien wird seit Wochen Werbung dafür gemacht. Auch westliche Militärexperten dürften genau hinschauen. Denn der T-14 oder Armata könnte ein neues Wettrüsten auslösen.

Von: Stephan Lina

Stand: 09.05.2015 | Archiv

Der T-14 auf einer Probe zur Siegesparade in Moskau | Bild: Reuters (RNSP)

Ein westliches Publikum kennt so etwas eigentlich nur aus der Auto-Industrie: Ein neues Modell wird zuerst angekündigt, dann werden ein paar Computermodelle und Fotos veröffentlicht, irgendwann rollen mehr oder weniger gut getarnte Erlkönige über die Straßen, und früher oder später tauchen die ersten Videoschnipsel im Internet auf. So soll der Öffentlichkeit Appetit gemacht werden. Auf genau diese PR-Strategie setzte man zuletzt in Russland. Allerdings ging es dabei nicht um einen Sportwagen, sondern um Kriegsgerät. Verwackelte Youtube-Videos zeigten zum Beispiel, wie ein durch Planen notdürftig getarnter Panzer durch Jekaterinburg rollt.

Der erste neue Kampfpanzer seit mehr als 30 Jahren

Inzwischen ist der neue russische Kampfpanzer in seiner Heimat ein Medienstar. Besonders stolz werden westliche Experten zitiert, die den T-14 Armata als die revolutionärste Entwicklung russischer Militärtechnologie seit den 70er Jahren bezeichnen. Tatsächlich ist das Fahrzeug die erste große Panzer-Neuentwicklung seit mehr als 30 Jahren. Westliche Modelle wie der deutsche Leopard 2 oder der amerikanische M1 Abrams stammen aus den 70er und 80er Jahren, auch wenn sie seither laufend modernisiert wurden.

Tatsächlich sehen westliche Militärs im Armata einige wesentliche Neuerungen. So sitzt die Besatzung erstmals in einer geschützten Kabine im Vorderteil, die vom Tank und der Munition abgetrennt ist. So sollen die Soldaten geschützt werden, wenn das Fahrzeug von feindlichen Geschossen getroffen wird und zu brennen anfängt. Damit sitzt der Kommandant auch nicht mehr im Geschützturm, der nun ferngesteuert wird. Neben der Kanone hat der Panzer auch noch weitere Waffensysteme an Bord, die nach russischen Angaben selbständig Bedrohungen erkennen und abwehren sollen, zum Beispiel Hubschrauber und Raketen.

Der neue russische Kampfpanzer T-14 Armata.

Darüber hinaus ist das Fahrzeug mit einem Gewicht von etwa 55 Tonnen im Vergleich zu seinen westlichen Pendants vergleichsweise leicht, Fachleute vermuten deshalb eine gewisse Wendigkeit. Zumindest in der Theorie ist der Armata derzeit der modernste Kampfpanzer der Welt. Allerdings scheint das Fahrzeug noch nicht so zuverlässig zu funktionieren, wie die russische Regierung dies propagiert. So bliebt ausgerechnet bei der öffentlichen Probe zur Siegesparade ein Armata mit einer Panne liegen.

Comeback des Leopard – Wird ein neues Modell entwickelt?

In den kommenden Jahren will Russland tausende von neuen Kampfpanzern anschaffen. Das könnte ein neues Wettrüsten mit dem Westen auslösen. Dort galten Panzer seit dem Ende des Kalten Krieges als Auslaufmodell. Die Bundeswehr zum Beispiel hat einen Großteil ihrer Leopard 2 ausgemustert. Inzwischen gibt es allerdings ein Umdenken. Das Verteidigungsministerium kündigte vor kurzem an, man wolle angesichts der veränderten geostrategischen Lage den Bestand an Panzern wieder aufstocken und modernisieren.

Deutsches Erfolgsmodell

Darüber hinaus wird in Fachkreisen seit einiger Zeit über einen Leopard 3 spekuliert, also eine komplette Neuentwicklung als Nachfolger des Leopard 2. Als wahrscheinlich gilt, dass  Frankreich und Deutschland ein solches Milliardenprojekt gemeinsam anstoßen könnten. Dazu passt, dass sich der deutsche Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit dem französischen Rüstungskonzern Nexter zusammenschließen will. Der andere große deutsche Panzerhersteller Rheinmetall will wiederum enger an die amerikanische Firma General Dynamics heranrücken, den Produzenten des US-Panzers M1 Abrams.

Erdogans „Altay“: Die Türkei rüstet auf – mit deutscher Technologie

Nicht nur die russische Regierung hat in den vergangenen Jahren viel Geld in die Entwicklung neuer Kampfpanzer gesteckt. Unter anderem hat auch die Türkei massiv in ein eigenes Fahrzeug investiert. Das Ergebnis ist der „Altay“. Die Regierung in Ankara feiert den Panzer aus heimischer Produktion als Sinnbild einer modernen türkischen Rüstungsindustrie. Allerdings ist der Altay keine komplette Eigenentwicklung. Die Basis ist ein Fahrzeug aus Südkorea, angetrieben werden zumindest die ersten Modelle von einem deutschen Motor: Der 1.500 PS starke 12-Zylinder stammt von MTU aus Friedrichtshafen. Auch die Bewaffnung beruht auf deutschem Know How. Die Kanone des Altay wird zwar aller Voraussicht nach in der Türkei von einem lokalen Hersteller in Lizenz gebaut, stammt aber ursprünglich von Rheinmetall.

Der amerikanische Panzer M1A2 Abrams.

Überhaupt versteckt sich in vielen Kampfpanzern deutsche Technologie. Hersteller wie MTU, Renk oder Rheinmetall liefern für verschiedene Modelle Bauteile zu, darunter Kanonen, Motoren und Getriebe. So ist zum Beispiel der amerikanische Kampfpanzer M1 Abrams mit einer Kanone von Rheinmetall ausgerüstet. Relativ wenig bekannt ist – zumindest in der Öffentlichkeit – über die Rüstungsanstrengungen von Ländern wie Iran oder Nordkorea. Beide haben aber in den vergangenen Jahren eigene Kampfpanzer bei Militärparaden präsentiert. Deren Technologie dürfte nach Einschätzung westlicher Experten zu einem Großteil aus China und Russland stammen.


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