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Gefängnisse in Bayern Weiß-blau kariertes Leben hinter Gittern

Für rund 11.500 Männer und Frauen in Bayern beginnt jeder Morgen gleich: 6.00 Uhr wecken, räkeln in blau-weiß karierten Betten, der Blick zum Himmel - durch Gitterstäbe. Sie sind in bayerischen Knästen eingesperrt. Ein Einblick.

Von: Christina Lutz

Stand: 19.10.2015 | Archiv

Knast, Bau, Kittchen, Zuchthaus, Bunker, Kerker, hinter schwedischen Gardinen - die Vielzahl der Synonyme macht klar: Von Gefängnissen geht eine magische Anziehungskraft aus. Dabei machen nur die wenigsten Menschen jemals in ihrem Leben die Erfahrung, eingesperrt zu sein. Knapp 11.500 Männer und Frauen saßen im März 2014 in bayerischen Gefängnissen ein - etwa jeder 1.000ste Bayer.

Nach wie vor ist es eng in bayerischen Gefängnissen. Der Höchststand von über 13.000 Gefangenen im Jahr 2005 wurde bisher nicht wieder erreicht und neue Justizvollzugsanstalten - zuletzt Landshut - wurden eröffnet. Aber es fehlen nach wie vor rund 400 Plätze in den Zellen. Es wird also weitergebaut - falls genug Geld da ist.

Wie lange Gefängnis-Neubauten dauern können, zeigt die JVA Augsburg in Gablingen. In den 90er-Jahren entstanden erste Pläne für 600 neue Haftplätze. Allerdings wurde das Vorhaben immer wieder verschoben. Seit August läuft der Probebetrieb mit ausgewählten Gefangenen. Eventuelle Schlupflöcher sollen entdeckt werden. Im Herbst wird der neue High-Tech-Knast offiziell eingeweiht. Rund 100 Millionen Euro Steuergelder werden dann verbaut sein.

Privatleute können keine Knäste bauen

Ursprünglich sollte die JVA in Gablingen privat finanziert werden. Doch dieser Plan wurde nach den schlechten Erfahrungen beim Neubau des Frauengefängnisses in München wieder verworfen. Das wird also bis auf Weiteres Bayerns einziger Gefängnisbau nach dem sogenannten Public-Private-Partnership-Modell bleiben.

40.000 Mängel mussten beim privaten Bau des Münchner Frauenknasts gerügt werden. Viele waren so gravierend, dass die Sicherheit des Gefängnisses nicht gewährt war. Letztendlich kostete der privatfinanzierte Bau wohl mehr, als wäre gleich vom Staat gebaut worden.

Knastberühmtheiten

"Hotelführer" und mehr:

In welchem Knast schmeckt das Essen am besten? Wo gibt es die besten Sportplätze? Was tun, wenn mein Freund ins Gefängnis muss? Der Münchner Winfried Puchinger betreibt ein Internet-Portal, in dem all diese Fragen beantwortet werden.

Einige Knäste in Bayern sind wahre Berühmtheiten. Mörderinnen, Terroristinnen, Spioninnen - in Aichach sind und waren schon viele bekannte Verbrecherinnen eingesperrt. Hinter den Gittern leben aber auch Babys. Ein Blick in den größten Frauenknast Deutschlands.

Hitlerknast, Hoeneßknast - JVA Landsberg

Auch die JVA Landsberg "verdankt" ihre weltweite Bekanntheit einem Gefangenen. Am 9. November 1923 tritt ein Mann seine Haft an, der die Stadt am Lech in die Geschichtsbücher bringt: Adolf Hitler.

Heute ist Landsberg ein - fast - normaler Knast. In die Schlagzeilen kam die JVA Landsberg Anfang 2014. Am 2. Juni trat der Ex-Präsident des FC Bayern seine Gefängnisstrafe in Landsberg an. Wie er lebt, durften sich Journalisten schon vorab ansehen. Aufgrund ständiger Presseanfragen entschied man sich, die Tore für die Presse zu öffnen. Der Ortstermin am 31. März sprengte alle Dimension: 145 Journalisten, Fotografen und Kameraleute wollten sich das Gefängnis von innen ansehen.

"Keine Exklusivklasse"

Besonders wichtig war den Verantwortlichen, deutlich zu machen: Für den Gefangenen Hoeneß gilt der gleiche Tagesablauf wie für alle anderen Insassen, und er wird eine Zelle wie alle anderen belegen. Sprich: acht Quadratmeter groß, eine Kloschlüssel, ein schmales Bett, Tisch, Stuhl, Schrank. Bis auf einen Ehering, eine Armbanduhr oder ein Schmuckstück darf ein Inhaftierter keinen persönlichen Gegenstand bei sich haben. Besuch ist zwei Mal im Monat für jeweils zwei Stunden gestattet. Fußball schauen ja, aber nicht mit Mitgefangenen, sondern auf einem TV-Gerät in der Zelle.

"Es wird kein besonderes Augenmerk auf jemanden gerichtet. Alle werden gleich behandelt", betont die Anstaltsleiterin der JVA Landsberg, Monika Groß. "Bei uns gibt es keine Exklusivklasse", sagte auch Franz Röck, der den Allgemeinen Vollzugsdienst leitet.

Seit 2. Januar 2015 schläft Hoeneß nur noch im Gefängnis. Er ist Freigänger. Unmittelbar davor hatte er über die Weihnachtsfeiertage und Silvester Hafturlaub erhalten. Auch das, betonte ein Sprecher des Justizministeriums, sei keine Sonderbehandlung, sondern habe in Bayern Tradition. Im Jahr 2013 war dennoch nur etwa jeder 20. Gefangene über Weihnachten daheim.

Ein ganz normaler Tag in der JVA Landsberg

5.50 Uhr Wecken
6.10 Uhr Die Zellen werden aufgeschlossen
6.20 Uhr Frühstück
7.00 Uhr Arbeitsbeginn: Die Insassen rücken in ihren jeweiligen Betrieb aus
11.00 bis 12.00 Uhr Mittagspause
15.00 bis 15.30 Uhr Arbeitsschluss
15.40 Uhr Das Abendessen kann am Küchenschalter geholt werden. Der Inhaftierte kann es zu einem beliebigen Zeitpunkt danach in seiner Zelle essen.
17.00 Uhr Freizeit, Aufenthalt im Freien
19.00 Uhr Nachtruhe beginnt


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