3

Vor Flüchtlingsreferendum Rätselraten um Budapester Sprengstoffanschlag

Nach dem Sprengstoffanschlag in Budapest sind die Ungarn verunsichert. Ein islamistischer Hintergrund wird mittlerweile fast ausgeschlossen. Es gibt Theorien um einen Zusammenhang mit dem anstehenden Flüchtlingsreferendum.

Von: Stephan Ozsváth

Stand: 26.09.2016

Experten der Polizei untersuchen die Stelle an der sich in der Nacht die Explosion ereignete. Budapest, 25.09.2016 | Bild: dpa-Bildfunk

Attila Kleb ist Fotograf. Am Samstagabend (24.09.16) wollte er mit seiner Freundin ein Konzert besuchen. Da detonierte in ihrer Nähe ein Sprengsatz, der zwei Streifenpolizisten verletzte.

In der linksliberalen Zeitung "Népszabadság" wird der Augenzeuge zitiert: Auch er habe einen Notruf abgesetzt. Und sehr schnell – also kaum zwei Minuten – später seien zwei Zivilfahnder bei den Verletzten gewesen. Sie hätten beim Verhör nach Allahu-Akbar-Rufen gefragt, wird Kleb zitiert. Eine Kopie des Verhörprotokolls habe er auch nicht bekommen. Lajos Kósa, Fraktionsvize der Regierungspartei Fidesz, reagierte empört.

Nicht richtig zitiert

"Die Überprüfung dessen, was ein Augenzeuge sagt, zumal im Panikzustand, das ist immer heikel. Ich weiß nicht, ob Népszabadság die entsprechenden Gesetze. Es ist unverantwortlich, diese Informationen nach so einem Vorfall zu veröffentlichen."

Lajos Kósa, Fraktionsvize der ungarischen Regierungspartei Fidesz

Eine Interview-Anfrage der ARD lehnte der Fotograf ab. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte er jedoch eine Stellungnahme, wonach er nicht ganz richtig zitiert worden sei. Andere Medien hatten das Gerücht verbreitet: Die Polizei habe schon vor dem Anschlag die Gegend abgesperrt. Am Montagmorgen (26.09.16) tagte der Sicherheitsausschuss des Parlaments.

"Wenn wir uns die Meldungen der letzten Stunden anschauen, dann ist das Traurigste, dass sich die ungarischen Bürger vorstellen können, dass die Regierung zu diesem Mittel greift."

Bernadett Széll, grüne Oppositionspolitikerin in Ungarn

Zusammenhang mit Referendum?

Die linke Oppositionspartei DK um den Ex-Premier Gyurcsány hatte einen Zusammenhang zwischen dem Anti-Flüchtlingsquoten-Referendum am kommenden Sonntag und dem Anschlag hergestellt. In der Kampagne suggeriert die Regierung einen Zusammenhang zwischen Terrorismus und Flüchtlingen.

"Nach den jetzigen Informationen ist ein Dschihadisten-Hintergrund unwahrscheinlich. Die Anzeichen deuten darauf hin, dass die beiden Polizisten das Ziel waren."

Zsolt Molnár, ungarischer Sozialist und Vorsitzender des Sicherheitsausschusses

Zeugen sollen helfen

Diese These hatte auch die Polizei auf ihrer Pressekonferenz am Sonntagabend vertreten, ohne das weiter zu belegen. Unklar blieb auch, wieso die Ermittler Fotos von Überwachungskameras zunächst nicht veröffentlichten, die angeblich den Täter zeigten: einen jungen Mann, 1,70 Meter groß, bekleidet mit Jeans, weißen Sportschuhen und Anglerhut, so die Beschreibung. Károly Kontrát, Staatssekretär im Innenministerium versprach Abhilfe und am Montagnachmittag wurde ein Video auf Youtube veröffentlicht. Die Bürger sollen helfen, damit der Täter so schnell wie möglich gefasst wird.

Mafia-These

Für Hinweise wurde eine Belohnung von umgerechnet  33.000 Euro ausgesetzt. Die Polizei hatte auch die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Flughafen von Budapest, an Bahnhöfen und Grenzübergängen verstärkt. Und die Mafia-These? Der Sicherheitsexperte Jozséf Horváth erinnerte an einen ähnlichen Fall vor zwei Jahren: Damals explodierte ein ähnlicher Sprengsatz in Budapest vor einem Bankschalter. Der Täter wurde nie gefasst.


3