Hinweis: Wir haben die Behauptungen - wie bei allen Themen, die wir überprüfen - nach drei Kriterien ausgewählt: Verbreitung, Relevanz und Überprüfbarkeit. Es spielt keine Rolle für die Veröffentlichung, ob die Behauptung richtig oder falsch ist oder wer die Behauptung geäußert hat.
Die Sendung "BR24 - Die Konfrontation" können Sie hier in der Mediathek anschauen
Abschiebungen aus Bayern
Die Behauptung:
Markus Söder, CSU: "Wir haben bei uns jetzt die Abschiebungen in Bayern um fast 25 Prozent erhöht. Aber das Problem ist, du musst natürlich den Staat finden, der seine eigenen Staatsangehörigen auch aufnimmt."
Richtig oder falsch?
Je nach Zeitraum, der betrachtet wird, ist die Aussage falsch oder korrekt. Über mehrere Jahre hinweg betrachtet ist die Zahl der Abschiebungen aus Bayern nicht gestiegen. Für das erste Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die genannte Steigerung korrekt. Der zweite Teil von Söders Behauptung, wonach die Zusammenarbeit mit Herkunftsländern ein Problem sei, ist in vielen Fällen korrekt.
Die Fakten:
Söder lässt offen, auf welchen Zeitraum er seine behauptete Steigerung bei Abschiebungen bezieht. Wir betrachten deshalb einerseits die gesamte fünfjährige Legislaturperiode, andererseits das vergangene und das laufende Jahr.
Aus der Grafik geht die Zahl der Abschiebungen in bayerischer Zuständigkeit für die einzelnen Jahre der Legislaturperiode hervor.
Daraus wird deutlich: Vergleicht man die Zahlen vom kompletten Jahr 2022 mit dem Jahr 2018, als die vergangene Legislaturperiode begann und das neue Landesamt für Asyl und Rückführungen seine Arbeit aufnahm, ist die Aussage falsch.
Im Jahr 2018 wurden aus Bayern 3.265 Personen abgeschoben; es lebten 9.070 Ausreisepflichtige ohne Duldung in Bayern. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 2.046 Personen abgeschoben, bei 9.243 Ausreisepflichtigen ohne Duldung in Bayern. 2020, im Jahr der wenigsten Abschiebungen, lebten 7.849 Ausreisepflichtige ohne Duldung in Bayern.
Im ersten Halbjahr 2023 wurden laut dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann 1.137 Menschen abgeschoben. Bei der Vorstellung dieser Zahl betonte Herrmann, wie nun auch Söder: "Dies ist eine Steigerung verglichen zum Vorjahreszeitraum mit 916 Abschiebungen um fast ein Viertel."
Betrachtet man also die Zahlen des ersten Halbjahres 2023 und vergleicht diese mit dem ersten Halbjahr 2022, ist die Aussage korrekt.
Auch bundesweit stieg die Zahl der Abschiebungen im ersten Halbjahr 2023 um mehr als ein Viertel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Während der Corona-Pandemie war die Zahl der Abschiebungen bundesweit zurückgegangen.
Für Abschiebungen bedarf es häufig der Kooperation mit den Herkunftsländern, etwa bei der Identifizierung und Passbeschaffung. Laut Bundesinnenministerium ist "eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern (…) ein entscheidender Faktor, um ausreisepflichtige Personen zu identifizieren und die Ausstellung von Reisepapieren zu beschleunigen."
Mit zahlreichen Staaten hat Deutschland bilaterale Rückübernahmeabkommen geschlossen, auch seitens der EU wurden solche Abkommen vereinbart.
Der Europäische Rechnungshof hat 2021 untersucht, welche Fortschritte die EU beim Abschluss einschlägiger Rückübernahmeabkommen gemacht hat und welche Wirkung diese hatten. In dem Sonderbericht hielt der Europäische Rechnungshof fest, dass "die Schwierigkeit der Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Migranten einer der Gründe für die niedrige Rückkehrquote irregulärer Migranten" sei.
Bei der Untersuchung, die den Zeitraum 2014 bis 2018 betrachtet, kam der Rechnungshof zu dem Schluss, "dass die Maßnahmen der EU zur Stärkung der Zusammenarbeit mit Drittländern bei der Rückübernahme zwar relevant waren, doch nur in begrenztem Umfang zu Ergebnissen geführt haben". Im Zeitraum 2015 bis 2020 habe die EU "begrenzte Fortschritte beim Abschluss der Verhandlungen über EU-Rückübernahmeabkommen erzielt".
Windkraft in Wäldern: Möglich - aber nicht nur dank der Landesregierung
Die Behauptung:
Markus Söder, CSU: "Erstens einmal, so haben wir den Wald komplett geöffnet für den Wind, was die größte Chance ist, weil wir 40 Prozent Waldfläche haben."
Richtig oder falsch?
Teilweise richtig, teilweise aber auch falsch.
Durch eine Lockerung der bayerischen 10H-Regelung ist es leichter geworden, Windräder im Wald zu bauen. Durch ein Bundesgesetz – das "Wind-an-Land-Gesetz" – verliert aber die 10H-Regelung für Bayern ohnehin an Bedeutung. Windräder werden künftig vor allem in ausgewiesenen Windvorranggebieten entstehen, eine Quote dafür ist vorgeschrieben. Diese Vorranggebiete liegen teilweise auch im Wald – unabhängig davon, was die bayerische Landesregierung in Bezug auf die 10H-Regelung entschieden hatte.
Bayern ist zu 35,3 Prozent mit Wald bedeckt.
Die Fakten:
Zunächst zur Waldfläche: Der Anteil der Waldfläche an der gesamten Bodenfläche Bayerns beträgt 35,3 Prozent, wie die Daten des Statistischen Bundesamts zeigen.
Zur Öffnung des Waldes für Windkraft: Söder hatte die Aussage, dass Bayern den Wald "komplett" für Windkraft "geöffnet" habe, auch schon in seinem diesjährigen ARD-Sommerinterview getroffen.
Söder bezieht sich auf die Teillockerung der bayerischen 10H-Regel, die in Bayern lange den Ausbau von Windkraft eingeschränkt hatte. Diese Lockerung wurde schon im Oktober 2022 beschlossen und ist seit vergangenem November in Kraft. Die Lockerung der 10H-Regel bedeutete nach Angaben des bayerischen Wirtschafts- und Energieministeriums, dass sie beispielsweise in Wäldern nicht mehr gilt. Es gab davor allerdings keine Regel, die Windräder im Wald grundsätzlich verboten hätte.
Allerdings: Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP verpflichtete mit dem Wind-an-Land-Gesetz (in Kraft seit Februar 2023) alle Bundesländer, Fläche für Windkraft zur Verfügung zu stellen. Für die Bundesländer werden unterschiedliche Flächenziele festgelegt, die die jeweiligen Voraussetzungen wie etwa Topografie und Windverfügbarkeit berücksichtigen. Für Bayern gelten die Quoten: 1,1 Prozent der Landesfläche bis 2027 und 1,8 Prozent der Fläche bis Ende 2032.
In Windkraft-Vorranggebieten sind mit diesem Bundesgesetz die pauschalen bayerischen Abstandsregeln außer Kraft gesetzt, wie BR24 hier berichtete.
Theoretisch wären auch in anderen als diesen Vorranggebieten Windkraft-Projekte im Wald möglich - durch die Teillockerung von 10H einfacher als früher. In der Regel aber werden Windräder künftig nur noch in den ausgewiesenen Windkraftgebieten entstehen, wie BR24 hier erläuterte.
- Mehr dazu, wie sinnvoll Windkraft im Wald ist, finden Sie in diesem BR24-Artikel.
Söder behauptete in der Sendung außerdem, Bayern liege beim Ausbau der erneuerbaren Energien bundesweit vorne und beim Wind vor Baden-Württemberg. Berücksichtigt man die Fläche des Freistaates, wie Experten das empfehlen, steht Bayern nicht als Spitzenreiter bei den Erneuerbaren da, wie Sie in diesem #Faktenfuchs lesen können. Dass Bayern bei Windkraft – neben Baden-Württemberg – bundesweit Schlusslicht ist, hat der #Faktenfuchs hier gezeigt.
Wollen die Grünen Noten in der Schule abschaffen?
Die Behauptung:
Markus Söder, CSU: "Ich gehöre ja noch zu denen, die Noten behalten wollen. Die Grünen sind ja offen dafür, Noten abzuschaffen. Ich halte das - (Zwischenruf Hartmann: 'Nein') - übrigens für einen grundlegenden Fehler, Noten abzuschaffen."
Richtig oder falsch?
Söder liegt hier richtig. Laut ihrem Wahlprogramm wollen die bayerischen Grünen es den Schulen freistellen, auf Noten zu verzichten und stattdessen andere Formen der Leistungsbewertung einzuführen. Was Söder allerdings nicht sagt: Es war die CSU, die 2014 das erste Mal per Verordnung erlaubt hat, Ziffernnoten in Zwischenzeugnissen an Grundschulen durch Lernentwicklungsgespräche zu ersetzen.
Die Fakten:
Auch wenn Ludwig Hartmann Markus Söder widerspricht: Mit seiner Formulierung ("die Grünen sind offen dafür") hat der bayerische Ministerpräsident recht. Im Wahlprogramm der Grünen zur Landtagswahl in Bayern heißt es auf Seite 55: "Wir möchten Schulen die Möglichkeit eröffnen, auf die Vergabe von Ziffernnoten zu verzichten und stattdessen alternative Formen der Leistungsbeurteilung zu verwenden."
Auf Nachfrage präzisiert eine Pressesprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, dass die Grünen hierbei vor allem die Grundschulen im Blick hätten: Konkret solle so ein Verzicht auf reine Ziffernnoten zunächst in einem wissenschaftlich begleiteten Schulversuch erprobt werden. Erweise sich das als sinnvoll, würde man es den Grundschulen freistellen, statt Ziffernnoten Alternativen wie dokumentierte Lernentwicklungsgespräche einzusetzen. Zwischenzeugnisse dürfen in Bayern übrigens bereits seit dem Schuljahr 2014/15 durch Lernentwicklungsgespräche ersetzt werden - aufgrund einer Verordnung, die das damals CSU-geführte Kultusministerium 2014 erlassen hat.
Laut ihrem Wahlprogramm wollen die Grünen außerdem die Kriterien für den Übertritt von der Grundschule auf eine weiterführende Schule reformieren. Aktuell entscheidet der Gesamtnotendurchschnitt in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht darüber, wer welche Empfehlung für eine bestimmte weiterführende Schulart erhält.
Allerdings: Wenn der erforderliche Durchschnitt nicht erreicht wird, gibt es auch derzeit schon die Möglichkeit, diese Anforderung zu umgehen – indem das Kind an einem Probeunterricht an der Schulart teilnimmt und diesen mit bestimmten Noten besteht. Anders als in anderen Bundesländern haben die Eltern in Bayern aber nicht das letzte Wort. Sie können den Schulwechsel auf eine bestimmte Schulart nur dann durchzusetzen, wenn das Kind den Probeunterricht mindestens mit zwei Vieren besteht.
Diese Praxis wollen die Grünen ändern: "Wir schaffen die bindenden Notendurchschnitte für den Übertritt in die weiterführende Schule ab", heißt es dazu im Wahlprogramm. "In unserem Konzept sprechen die Grundschullehrkräfte eine Schulartempfehlung aus und erläutern sie genau. Die endgültige Entscheidung treffen die Eltern", ergänzt die Pressesprecherin der Grünen-Fraktion per Mail.
Anerkennung von Berufsabschlüssen
Die Behauptung:
Ludwig Hartmann, Bündnis90/ Die Grünen: "Beispiel Mediziner: Ausländische Berufsabschlüsse, die in Bayern anerkannt werden - dauert beim Mediziner bis zu einem Jahr. In Schleswig-Holstein war es ein Tag."
Der Kontext:
Ludwig Hartmann wünscht sich mehr Pragmatismus bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen und vergleicht dabei Bayern mit Schleswig-Holstein.
Richtig oder falsch?
Teilweise irreführend. Die Angaben zu Bayern stimmen. Hartmann erwähnt im Vergleich allerdings einen extrem zügig bearbeiteten Fall aus Schleswig-Holstein, der nach Angaben des schleswig-holsteinischen Landtags allerdings kein Regelfall sei und auch nicht auf "Mediziner" zutrifft, sondern auf andere Gesundheitsberufe.
Die Fakten:
Die für die Anerkennung von medizinischen Berufsabschlüssen in Bayern zuständige Regierung von Oberbayern gibt auf ihrer Website an, wie lange die Bearbeitungsdauer eines solchen Approbationsantrags dauert. Dort heißt es: Bei der Ausbildung in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz "ist mit einer Bearbeitungsdauer von mehreren Monaten zu rechnen".
Wer seine Ausbildung außerhalb von Europa gemacht hat, muss unter Umständen noch länger warten. Hier könne die Bearbeitung laut der Regierung von Oberbayern "wegen der notwendigen Einholung eines Gutachtens zur Gleichwertigkeit der Ausbildung in Einzelfällen über ein Jahr dauern".
Hartmanns Aussage zur Dauer der Anerkennung in Bayern ist demnach korrekt.
Der Vergleich, den er dann zu Schleswig-Holstein zieht, ist allerdings irreführend. Denn Hartmann sucht sich hier einen Fall heraus, der nicht der Regel entspricht.
Anfang 2023 stellte eine SPD-Abgeordnete eine Kleine Anfrage an die Landesregierung von Schleswig-Holstein. Darin fragte sie auch nach der Verfahrensdauer bei der Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen im Gesundheitswesen.
Laut Antwort der Landesregierung Schleswig-Holstein betrug die Dauer "zwischen dem Feststellungsbescheid und der Erteilung der Berufserlaubnis" im Zeitraum 2021/22 im Durchschnitt "annähernd 9 Monate". Der Median, also der Wert, der genau in der Mitte zwischen der langsameren und der schnelleren Hälfte der Anerkennungen liegt, wird sogar auf 18 Monate beziffert.
Weiter heißt es, die "Spannweite" liege hier "zwischen einem Tag" und "noch offenen Verfahren nach vierzehn Jahren". Hier kommt der eine Tag vor, den Hartmann in der Sendung erwähnt hat.
Dabei geht es laut Landesregierung aber nicht nur um Mediziner – wie von Hartmann erwähnt -, sondern allgemein um "Gesundheitsfachberufe". Für den Bereich der "akademischen Gesundheitsberufe", worunter Mediziner fallen dürften, variiere die Dauer "in den Einzelfällen zwischen einem Monat (bei Vollständigkeit aller Unterlagen und sicherem Nachweis der Gleichwertigkeit z. B. bei Anerkennung von EU-Ausbildungen) und 24 Monaten (z. B. bei unvollständigen Unterlagen, negativem Gutachten, mehreren Fehlversuchen der Kenntnisprüfung)."
Somit handelt es sich bei dem Vergleich von Hartmann um einen Fall, der nicht als Regelfall gewertet werden kann und darüber hinaus auch nicht für akademische Gesundheitsberufe gilt.
Wie äußerte sich Söder in der Vergangenheit über das Bürgergeld?
Die Behauptung:
Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen: "Will ich mal hoffen, dass Sie in Zukunft in Ihren Bierzelten nicht mehr davon sprechen, wie Sie das immer in Interviews auch oft gemacht haben, dass es sich nicht mehr lohnt zu arbeiten. Jetzt haben Sie’s gerade erstmalig, wo ich es gehört habe, die Wahrheit gesagt."
Markus Söder, CSU: "Ich sag’ genau immer das Gleiche."
Der Kontext:
Söder sagte zum Bürgergeld: "Es wäre übrigens auch ganz gut, wenn das Bürgergeld nicht ständig erhöht würde. Das Bürgergeld ist mittlerweile so hoch, dass der Anreiz zu arbeiten, reduziert wird. Ich finde, wer arbeitet, muss einfach deutlich mehr haben, als jemand, der nicht arbeitet."
Daraufhin entgegnete Hartmann die oben genannte Behauptung.
Richtig oder falsch?
Teils, teils. Söder formuliert seine Kritik an der Erhöhung des Bürgergeldes in einigen Interviews und Reden ähnlich wie im Schlagabtausch - dass er sich "erstmalig" so geäußert hätte, stimmt also nicht. Der #Faktenfuchs konnte allerdings auch Äußerungen finden, die sinngemäß dem entsprachen, was Hartmann ihm vorwirft. Dieser Teil von Hartmanns Behauptung ist richtig.
Die Fakten:
Der #Faktenfuchs hat sich Interviews und Reden der vergangenen Monate, in denen sich Söder zum Bürgergeld geäußert hat, angesehen und sein Twitter- und Facebook-Profil gescannt. Tatsächlich wiederholt Söder das, was er auch im Schlagabtausch gesagt hat, fast wortgleich in verschiedenen Interviews, in Reden und in Tweets (zum Beispiel hier).
In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" sagte Söder: "Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet." Ein ähnlicher Satz fiel auch im Interview mit der "Welt", ebenso im Morgenmagazin von ARD und ZDF (ca. Minute 5:12 und 6:41), auf dem CSU-Parteitag am 23.09.2023 sowie bei seiner Rede beim Politischen Gillamoos.
In einigen anderen Interviews sagt Söder allerdings sinngemäß das, was ihm Hartmann vorwirft, nämlich dass Arbeit sich nicht mehr lohne.
Ebenfalls im Morgenmagazin sagte Söder, Menschen der unteren Einkommensgruppen würden "am Ende, wenn sie arbeiten, weniger haben, als wenn sie nicht arbeiten." Ähnlich äußerte er sich im Gespräch mit der Funke Mediengruppe. In der Bayern2-Radiowelt sagte Söder, es sei nicht gerecht, dass jemand, der hart arbeite, am Ende weniger oder genauso viel habe wie jemand, der nicht arbeite. Eine ähnliche Äußerung fiel auch im Interview mit BR24 TV am 17.09.2023.
Die genaue Formulierung "Arbeit lohnt sich nicht mehr", wie Hartmann sie Söder zuschreibt, konnte der #Faktenfuchs nur in einem Interview finden: beim CSU-Parteitag im September 2023 im Gespräch mit dem stellvertretenden Chefredakteur der ARD, Matthias Deiß. Dort sagte Söder, das Bürgergeld sei so hoch, "dass es sich kaum mehr lohnt zu arbeiten."
- Der Frage, ob Bürgergeld-Empfänger monatlich mehr Geld als Mindestlohn-Empfänger haben, ist der #Faktenfuchs hier nachgegangen.
Abhängigkeit von russischem Öl und Gas
Die Behauptung:
Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen: "Kein Bundesland war so abhängig vom russischen Gas und Öl wie Bayern" und "Kein Land war so abhängig vom russischen Gas in Europa." (Anm. d. Red.: Hartmann bezieht diese Aussage auf Deutschland.)
Richtig oder falsch?
Die Aussage von Hartmann ist prinzipiell richtig. Bayern bezog 2022 Jahr so viel Öl und Gas aus Russland wie kein anderes Bundesland. Deutschland bezog im EU-Vergleich in den vergangenen Jahren am meisten Gas aus Russland.
Die Fakten:
Von Januar bis September 2022 gingen die meisten Importe, die Deutschland in Russland kaufte, nach Bayern. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes vom November 2022 hervor. Der Freistaat bezog den Angaben zufolge mehr als ein Fünftel (22 Prozent) der Warenimporte aus Russland. Das entspricht einem Wert von 6,6 Milliarden Euro. Von diesem Import machten Erdöl und Erdgas 92,2 Prozent aus, was einem Wert von 6,1 Milliarden Euro entspricht.
Auch im Jahr 2021 waren die Rohstoffe für Bayerns Energieversorgung von "zentraler Bedeutung". Denn 36 Prozent der Erdöl- und Erdgasimporte Bayerns stammten aus Russland. Das teilte Florian Reil, Pressereferent beim Bayerischen Industrie- und Handelskammertag, dem #Faktenfuchs auf Anfrage mitteilt.
Brandenburg hingegen – das Bundesland mit den zweithöchsten Importen aus Russland – hatte laut Statistischem Bundesamt einen Anteil von 14,2 Prozent an den Importen aus Russland nach Deutschland. Davon wiederum entfielen 98,6 Prozent auf Erdöl und Erdgas, was einem Wert von 4,2 Milliarden Euro entspricht.
Tatsächlich hat Deutschland in den Jahren von 2015 bis 2021 in absoluten Zahlen in der Europäischen Union am meisten Erdgas aus Russland importiert. Beispielsweise importierten im Jahr 2021 alle 27 Mitgliedsländer in der EU 154.028.142 Millionen Kubikmeter Erdgas aus Russland. Davon entfielen auf Deutschland 52.463.565 Millionen Kubikmeter. An zweiter Stelle steht Italien mit 29.170.696 Millionen Kubikmeter Erdgas. Das geht aus den aktuellen Zahlen des Statistischen Amts der Europäischen Union hervor.
Allerdings ist Deutschland mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 3,87 Billionen Euro die größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union – und benötigt daher mehr Energie als andere Länder.
weitere Autorin: Janina Lückoff.
Im Video: Der Schlagabtausch zwischen Söder und Hartmann
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