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Staatsschauspiel von und mit Gerhard Polt und der Biermösl Blosn Offener Vollzug

In "Offener Vollzug" sieht man Gerhard Polt in einer Irrenanstalt. Er räsoniert über Landespolitik und Konsumterror, schimpft auf korrupte Politiker und windige Unternehmer. Virtuos seziert Polt den täglichen Politwahnsinn.

Stand: 06.05.2012

Gerhad Polt in "Offener Vollzug" | Bild: BR

Gerhard Polt und die Biermösl Blosn, das sind Erfolgsgaranten für süddeutsch geprägtes Theater: bissig, satirisch, das wirkliche Leben immer fest im Blick - vor allem das wirkliche bayerische Leben. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass den Zuschauern das Lachen im Hals stecken bleibt, wenn sie ihr eigenes Handeln und Denken in einer der aufgezeigten Facetten wiederkennen.

Im Irrenhaus

In "Offener Vollzug", das eineinhalb Jahre (2006/2007) auf dem Spielplan des Münchner Residenztheaters stand und in dieser Zeit immer ausverkauft war, sieht man Gerhard Polt in einer Irrenanstalt. Er räsoniert über Landespolitik und Konsumterror, schimpft auf korrupte Politiker und windige Unternehmer. Vom nationalistischen Grantler verwandelt er sich in einen Arbeitsamtchef, empfiehlt einem verzweifelten Langzeitarbeitslosen seinen Traumjob - als Bettler vor der Oper. Als Almosier würde er nämlich nicht nur seine Kasse aufbessern und ganz nebenbei die des Staates schonen, sondern auch den reicheren Bevölkerungsschichten moralische Entlastung bieten.

Well-Brüder dichten zu Polts 70.

Christoph und Michael Well haben zu Polts rundem Geburtstag etliche Verszeilen gedichtet: "Ja der Gerhard werd 70, und de hoibe Zeit von seim Lebn, is er mit uns im Auto und im Wirtshaus g'hockt und auf alle möglichn Bühnen auftretn. Mir ham mit'm Gerhard scho vui Gaudi g'habt und bei da Gaudi is er radikal, und resignieren duat er nie, und wenn doch, dann vital! Unser Spezi pfeift auf vui, aber lang net ausm letztn Loch. Dass Dir 's Leben weiter so guat schmeckt: Gerhard, lebe hoch!!!"

Kongenialer Kommentar der Biermösl Blosn

Virtuos wechselt Polt die Rollen und Charaktere und seziert den täglichen Politwahnsinn. Immer dann, wenn Polt sich zu sehr aufregt, stecken ihn herbeigeeilte Pfleger in die Zwangsjacke. Die Biermösl Blosn ist dabei weit mehr als ein musikalischer Rahmen: Sie sind das thematische Gerüst, der kongeniale Kommentar zum tagtäglichen Wirklichkeitswahnsinn.

Hintergrundinfo

Urs Widmer hat aus den Monologen Polts und der genialen Musik der Biermösl Blosn einen unterhaltsamen, aber neben der ganzen Gaudi auch einen nachdenklichen Abend inszeniert. Pointengenau ließ Widmer das bayerische Anarcho-Quartett miteinander agieren oder gekonnt aneinander vorbei spielen. Die Aufzeichnung aus dem Residenztheater in München vom 22.12.07 war eine der letzten Vorstellungen dieses Stücks.


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