ARD-alpha

alpha-expedition Gernstl unterwegs - Wo sind die Bayern? Rom

Sonntag, 14.04.2024
12:00 bis 12:45 Uhr

  • Untertitel
  • Video bereits in der Mediathek verfügbar

ARD alpha
2017

Roms Strahlkraft zieht seit jeher Menschen aus aller Welt an. Und die Bayern haben es nicht weit. Doch was hat die Auswanderer in den Süden geführt? Haben sie vor, eines Tages zurückzukehren? Und wie lebt es sich hinter den Kulissen der Touristenströme?

Die ersten Einblicke gewährt Golo Maurer. Franz X. Gernstl, Kameramann HP Fischer und Tonmann Stefan Ravasz begegnen dem Münchner auf dem Kapitol, einem der Sieben Hügel Roms. Bereits mit vierzehn Jahren, als Golo Maurer das erste Mal hier war, wusste er, dass er wiederkommen würde: „Mich faszinierten die Bäume, der Himmel, die Farben“, erzählt er. Heute leitet der Kunsthistoriker die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Kunstgeschichte in Rom. Seine Wohnung liegt im Zentrum über den Dächern der Stadt. „Wenn man an einem Sommerabend im Englischen Garten sitzt“, sagt Golo Maurer, „denkt man: schön. Aber wie schön wäre der Abend erst in Rom! Nur in Rom hat man keine Sehnsucht nach Rom. Das ist der Unterschied.“

Heinz Beck wuchs in Niederbayern auf. Für ihn bedeutet der Markt auf dem Campo de‘ Fiori Glück: „Du kriegst hier Produkte, wie Du sie nirgendwo auf der Welt bekommst. Das Gemüse und das Obst schmecken noch so, wie wir das als Kinder gewöhnt waren.“ Beck muss es wissen. Der Koch übernahm 1994 das „La Pergola“ im Waldorf Astoria und machte es innerhalb weniger Jahre zum ersten 3-Sterne-Restaurant Roms. Beck ist ein Perfektionist. Die Küche: rein wie ein klinisches Labor. Sein Führungsstil: tägliche Kontrollen. Ob er manchmal Heimweh habe, fragt Franz X. Gernstl. „Keine Zeit“, antwortet Beck nüchtern. Er hat neun weitere Spitzenrestaurants in Japan, Dubai, Italien und Portugal und führt sie per Video-Live-Stream von Rom aus. „Wir arbeiten viel“, sagt er. „Aber das Schöne hier an Rom ist: Wenn Du aus dem Restaurant gehst, bist Du im Urlaub.“

Ein ähnliches Pensum absolviert Abtprimas Notker Wolf. Der Allgäuer steht als Oberhaupt der Benediktiner mehr als 1000 Klöstern weltweit vor. „Das ist wie ein Sack Flöhe hüten“, sagt Wolf. Vorgestern war er in Chicago. Gestern in Wien. Jährlich 300.000 Flugkilometer sind für ihn Normalität. Ob er keinen Jetlag habe, fragt Gernstl. „Keine Zeit, darüber nachzudenken“, antwortet Wolf. „Selbstmitleid ist eh das, was uns am meisten kaputt macht. Gerade in Deutschland! Die produzieren selber ihren Burnout.“ Der Hauptsitz der Benediktiner liegt auf dem Aventin, dem südlichsten der Sieben Hügel Roms. Um Mitternacht segnet er von seinem Balkon aus die Stadt, den Bürgermeister und die italienischen Präsidenten. Demnächst dürfte sein Segen wieder St. Ottilien und Landsberg am Lech in Oberbayern gelten. Nach 16 Jahren Amtszeit kehrt Wolf in die Erzabtei zurück, in die er 1961 nach seinem Abitur eintrat. „Ich mache das mit Freude“, sagt Wolf. „Aber ich habe auch eine Träne im Knopfloch. Sonst hätte ich ja keine Liebe zu Rom.“ Auf Franz X. Gernstls Frage, ob er schon Pläne für seine Rückkehr gemacht habe, gibt der dienstälteste Abtprimas des Benediktinerordens eine weise Antwort.
Die Motive der Bayern, nach Rom auszuwandern, sind so vielgestaltig wie die Stadt jenseits ihrer Klischees. In leisen Tönen stimmt der Film dennoch eine wiederkehrende Melodie an: In den Gesprächen, die Gernstl führt, schreiben die Auswanderer Rom eine menschliche Wärme zu, die bei einer Millionenstadt nicht unbedingt zu erwarten ist.

Die vielleicht schönsten Worte dafür findet Arthur Moll. Der gebürtige Münchner wuchs in den verwinkelten Gassen der Stadt auf und arbeitet seit sechs Jahren als Fremdenführer: „Das Schöne an Rom ist die Liebe, die einem gegeben wird, für gar nix. Wenn Du hier eines Tages depressiv aufwachst, musst Du nur in eine Bar laufen und mit dem Nachbarn reden. Dann bekommst Du so viel Freude geschenkt, dass Du nichts Weiteres mehr brauchst.“

Autor/Autorin: Franz Xaver Gernstl
Redaktion: Ulrike Ebenbeck

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Franz Xaver Gernstl und sein Team, Kameramann Hans Peter Fischer und Tonmann Stefan Ravasz, muss man nicht mehr vorstellen - sie sind über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt, für ihre feinen und eigenwilligen Reisereportagen.