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Vergessene Opfer Der Opa als Zwangsarbeiter in der Oberpfalz

Türen, die vor der Nase zugeschlagen werden – das kennt Thomas Muggenthaler. Denn der Journalist und Buchautor kommt mit unbequemen Fragen zu den Menschen. Fragen über Zwangsarbeit im Nationalsozialismus.

Von: Claudia Erl

Stand: 08.04.2014 | Archiv

Thomas Muggenthaler, Journalist und Buchautor | Bild: BR

„Was soll man alte Geschichten nochmal aufwühlen?“ – so lautet nicht selten der Kommentar der Menschen, an deren Tür der Regensburger klopft. Jahrelang hat Thomas Muggenthaler in Archiven recherchiert, um nach Angehörigen einer ganz besonderen Gruppe zu suchen: Kinder und Enkelkindern polnischer Zwangsarbeiter in Bayern. Aus diesen Recherchen ist ein Buch entstanden. „Verbrechen“ Liebe: für Beziehungen zu deutschen Mädchen wurden polnische Zwangsarbeiter mit dem Tod bestraft, die Mädchen mussten jahrelang in Konzentrationslager. Aus etlichen dieser Beziehungen entstanden Kinder – und Enkelkinder. Wie gehen sie mit ihrer ganz besonderen Familiengeschichte um? Was für ein Bild haben sie von „Oma“ und „Opa“?

Das Buch

„Verbrechen Liebe. Von polnischen Männern und deutschen Frauen: Hinrichtungen und Verfolgung in Niederbayern und der Oberpfalz während der NS-Zeit“ Thomas Muggenthaler. Erschienen 20101 im Lichtung Verlag.

Tochter und Enkel eines Zwangsarbeiters

Marile Heinlein

Eines dieser „verbotenen Kinder“ ist Marile Heinlein. Ihr Vater war im Konzentrationslager ums Leben gekommen. Denn: Sie war das Kind einer verbotenen Liebe. Eine Liebe zwischen einem polnischen Zwangsarbeiter und einer Einheimischen. Ihr Vater kam im KZ ums Leben. Auch die Mutter ins KZ gebracht, kam jedoch nach vielen Monaten wieder frei.  Marile ist bei Pflegeeltern aufgewachsen. Zu ihrer leiblichen Mutter hatte sie bis zu deren Tod ein schlechtes Verhältnis. Vielleicht mit ein Grund, warum sie ihren beiden Söhnen Stefan und Christian lange nichts von ihrer tragischen Geschichte erzählte. Heute spricht die Familie ganz offen über die Vergangenheit. Doch wie war der Moment, als die beiden die Wahrheit erfahren haben? Rainer Maria Jilg spricht mit den jungen Männern.

Die Zeitzeugen

Die Zeitzeugen Hans Oberpaul und Jakob Irl

Lange wurden die Zwangsarbeiter, die sich mit deutschen Frauen eingelassen haben, öffentlich in den Dörfern gehängt. Ein besonders emotionaler Moment entstand beim Dreh der Reportage, als zwei Zeitzeugen - Hans Oberpaul und Jakob Irl – Moderator Rainer Maria Jilg den Platz zeigten, an dem in Gallenbach ein Pole hingerichtet wurde.

Zahlen und Fakten

22

Thomas Muggenthaler hat in seinem Buch 22 Fälle von Hinrichtungen an Zwangsarbeitern dokumentiert

60

In Bayern kamen über 60 Polen auf diese Weise um ihr Leben

172.000

Nach dem Krieg wurde in 172.000 solcher Fälle ermittelt

14.000

Von 14.000 Gerichtsurteilen waren mehr als die Hälfte Freisprüche

5

Die meisten Verurteilten kamen mit einer Haftstrafe unter 5 Jahren davon


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