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Allerseelen Die Toten sind unter uns

Die Vorstellung ist uralt: Nach christlichem Volksglauben steigen die armen Seelen zu Allerseelen am 2. November aus dem Fegefeuer zur Erde auf, wenn für sie Ablässe erworben wurden, und ruhen sich dann für kurze Zeit von ihren Qualen aus.

Stand: 26.10.2015 | Archiv

Schmiedeeiserne Tor eines Friedhof | Bild: picture-alliance/dpa

02 November

Montag, 02. November 2015

Totentanz in Mexico City

Die Spuren dieser Vorstellung im Brauchtum sind weltweit verschieden und reichen von stiller Einkehr über ausgelassene Feiern bis zu makaber anmutenden Ritualen. Auch in Bayern haben sich im Lauf der Zeit Dutzende kleiner und großer Allerseelen-Bräuche herausgebildet, von denen sich einige - besonders im Allgäu und der Oberpfalz - bis heute erhalten haben.
Zur Speisung der "armen Seelen" stellte man vielerorts einfache Speisen bereit: Milch zum "Abkühlen" der im Fegefeuer Gemarterten, eingebrocktes Brot, Brenn- oder Haferflockensuppe und Schüsseln mit Öl zur Pflege der Brandwunden. Da die Haustüren offen blieben, kamen meist jedoch nicht die Geister, sondern die Armen des Dorfes in den Genuss der Lebensmittel.

Seelenzöpfe und Totenbrote

Besondere Bedeutung kam dabei dem Totenbrot zu, dessen Form sich von Dorf zu Dorf und von Hof zu Hof unterscheiden konnte. Weit verbreitet war der Allerseelenspitz - stellte man sich die Seele doch landläufig in Form einer Raute vor. In einigen Teilen der Oberpfalz, beispielsweise im Landkreis Tirschenreuth, gibt es bis heute Totenbrote in Form menschlicher Knochen. Daneben gab es runde Mürbteigkekse mit Rosinenaugen und Mündern aus kandierten Kirschen und natürlich die kunstvoll geflochtenen "Seelenzöpfe".

Hintergrund: Haarig: Die Bedeutung des Zopfgebäcks

Das Zopfgebäck, glauben Brauchtumsforscher, könnte ein Rest heidnischer Haar-Totenopfer sein. Die Bibel erzählt die Geschichte von Samson, in dessen Haar das Geheimnis seiner hünenhaften Kräfte steckte. Erst als Delila ihm dieses Geheimnis entlockte und ihm den Schopf abschnitt, wurde er besiegbar. Die Vorstellung, dass im Haar Persönlichkeit und Kraft eines Menschen stecken, zieht sich durch Zeiten und Kulturen. In einigen Gegenden fertigte man aus den Haaren eines Verstorbenen kunstvolle Bilder, die mitunter den Charakter eines Hausaltars annahmen.

Rübenlichtle und Seelenglöckle

Bevor sich Allerheiligen als gesetzlicher Feiertag in den Vordergrund schob, wurden an Allerseelen die Friedhöfe besucht und die Gräber geschmückt. Mitunter beteten die Dorfbewohner gemeinsam eine ganze "Seelenwoch" lang - jeden Tag in einem anderen Haus.

Lichtermeer auf dem Friedhof von Marikina nördlich von Manila (Philippinen).

Katholiken stellen dazu ein Seelenlicht auf, das den Allerseelentag über brennt - Sinnbild des "ewigen Lichts", das den Verstorbenen leuchten soll. Im Allgäu waren das ausgehöhlte, mit Kerzen bestückte Rüben oder Kürbisse, die genau wie lang andauerndes Glockengeläut guten Seelen den rechten Weg weisen, böse Geister aber abschrecken sollten. Die heute üblicheren roten Grablichter lösten die Rübenlichtle meist erst nach dem Krieg ab. Inzwischen sind die Kürbisse als "Re-Import" aus den USA aber wieder auf dem Vormarsch - wenn auch weniger auf den Friedhöfen als auf diversen Halloween-Partys.


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