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Fei Fränggisch Kutsche, Kinderwagen, altes Auto – eine Scheesn kann vieles sein

Wer in Franken von einer Scheesn spricht, meint damit eine Kutsche, einen Kinderwagen oder ein altes Auto. Manchmal auch eine alte Frau. Nur: Wie kam es zu diesen vielen Bedeutungen? Und wo kommt das Wort eigentlich her? David Saam mit Antworten.

Von: David Saam

Stand: 07.03.2024

Hadds dir amal nei die Scheesn gfroern? Diese unverfroren charmande Oärd, seim Geengüber zu song, dass es an Baddscher hodd, schdammd aus Underfranggn. Die underschdellde Underbelichdung soll demnach vo aaner übermäßichn Underkühlung im Kinnäwoong herrührn.

Die Scheesn – ursprünglich eine große Kutsche

Die Bezeichnung Scheesn für des Gefährd, in dem mer ganz glaane Bobberla-Babys dransbordierd is a schdargge Verniedlichung, wall die Scheesn urschbrünglich a Drümmer Kuddschn woä, mid dera die Leud-von-und-zu ab Ende des 17. Jahrhunderts in der Geengd umänandägsausd senn. Bloß homm die feina Herr- und Frauschafdn fralli ned Scheesn gsochd, sondern scho aweng vornehmer Chaise. Des glingd hald gleich nach am gehobeneren Kuddschn-Schdandard.

Das Wort kommt aus dem Französischen

Wemmer nein Französisch-Wördderbuch schaud, nochäddla schdedd do obbä midnichdn a vo Gäulen gezongnes Gefährd als Übersedzung, sondern "Stuhl". Chaise longue is aa bei uns a gebräuchlicher Noma für a Möbelstück zum Draufrumflaggn. Rumgflaggd senn die Adlichn aa in der Kuddschn auf die Sidzbolsder, des wär also die nächsdliegende Erglärung für die schbrachliche Transformation zur Chaise, oddä wie die wenicher blaublüdichn Leud song: Scheese oddä Scheesn.

Oder geht es auf einen Kutschenerfinder zurück?

Obbä es gibd nuch a zweide Herleidung: A ganz a legendäre voll durchgfederde Reise-Kuddschn zu Barockzeidn woä die sogenannte "Berline". Erdachd hodd sie woäscheinds a Moo am Brandenburger Hof, sei Noma woä Philip de Chiese. Es könnerd sei, dass die Menschn die Kuddschn nach ihrm Erfinder benannd homm – und aus Chiese könnerd nochäddla Scheese woän sei. Der neue Noma is donn, gwasi wie die Kuddschn, überoll munder rumgereisd. Ganz gwiiß is des obbä mid dem Schiiß… äh, Chiese ned.

Eine Scheesn kann vieles sein

Mer find die Scheese in der Umgangsschbroch in vielen deutschsprachigen Gegenden: Vo Berlin übers Saarland bis nundä nei die Schweiz. Mid der Zeid is aus der Scheesn ned bloß a Kuddschn woän, sondern aa a Kinnäwoong, und wall Kuddschn inzwischn aweng außer Mode kumma senn, hodd mern Begriff auf alde Audos übädroong. "Mid dera Dreggsscheesn braugsd fei nimmer auf Baris bloggern, des baggd die nie!"

Manch einer meint mit einer alten Scheesn auch eine alte Frau

A Froochezeing bleibd leidä zum Schluss: Warum mancherords in Franggn die Leud Scheesn zu anner weiblichen Berson vorgerüggdn Alders soong. Wo der Zusammhang mid am Schduhl, aaner Kuddschn, an Kinnäwoong oddä ann Schroddkarrn sei soll, blebbd aweng a Rädsel.

"In anä oldn Scheesn woä a olda Scheesn gsessn,
Und wenn des ned schdimmd, no willi an Beesn fressn,
do is a junga Scheesn mid anä Scheesn kumma,
drin a junges Wesen grod im scheena Schlumma
Die senn der aldn Scheesn ezza im Weech gewesen
do hodd die alda Scheesn fei die junga Scheesn mid ihrn Baby
Scheesn
in aaner beesn Wud, mid am laudn Scheesn-Duuud
einfoch vom Weech gehubd!"

Unsere Rubrik "Fei Fränggisch"

Des mit dem fränkischen Dialekt ist ja nicht so ganz einfach - also nicht falsch verstehen! Nicht nur zwischen Nordseeküste und Allgäu tun sich die Deutschen manchmal schwer, einander zu verstehen, auch innerhalb von Bayern ist das möglich. Das liegt an der Dialektvielfalt: "das Bayerische" oder "das Fränkische" gibt es ja gar nicht - stattdessen ostfränkisch, mainfränkisch, nord-, mittel- oder südbairisch oder das Schwäbische. Holla! In unserer neuen Rubrik "Fei Fränggisch" erklärt unser Autor David Saam in seiner unnachahmlichen Art ganz allgemeine oder auch mal ganz spezielle Dialektworte.


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