Bayern 2 - Sonntagsbeilage


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Stilfragen Burkaverbot, wozu?

Kann man als Frau trotzdem unbelästigt weitergehen?

Von: Martin Zeyn

Stand: 23.09.2016

Burka | Bild: colourbox.com

Letzens kreuzte im Englischen Garten eine junge Frau im Tschador kurz vor dem chinesischen Turm meinen Weg. Sie war allein und wirkte nicht verunsichert. Hier im Ausland durfte sie das offenbar – oder hatte sie sich die Freiheit einfach genommen? Würde sie im Biergarten einkehren? Etwas bestellen? Und was hatte sie gesehen, als sie von der Münchner Innenstadt sich hierher zu Fuß aufmachte? War sie, es war ein heißer Tag, an den Nackten vorbeigekommen, die da am Eisbach paradiesisch hüllenlos herumlagen? Wenn ja, was hatte sie sich gedacht?

"Ach schau, so geht’s auch. Und ich kann als Frau trotzdem unbelästigt weitergehen."

Vielleicht… Eine Erfahrung, die sie nicht machen könnte, wenn unser Land ihr verbieten würde, einen Tschador zu tragen.

Martin Zeyn

Okay, werden Freunde des Abendlandes da sagen, das ist ein Einzelfall und nicht wie bei Thilo Sarrazin durch irgendeine aus dem Zusammenhang gerissene Statistik bewiesen. Worauf ich antworten würde, ich habe im Abendland noch an keinem Ort eine bedrohlich große Anzahl verschleierter Frauen gesehen. Eure Forderung nach dem Burkaverbot, also dem Verbot der Ganzkörperverschleierung, habe insofern etwas von einer soziologischen Fata Morgana. Aber warum das ganze Geschrei? Was stört uns an vereinzelten verschleierten Frauen, was an Gesichtsschleiern und Gesichtsmasken? Und was stört uns nicht an den züchtig gekleideten Zeuginnen Jehovas, die nur ohne Dekolleté zu den 144.000 Gerechten gehören, die dereinst in den Himmel einziehen? Was stört uns nicht an Nonnen, deren Habit einem Schador, pardon, verdammt ähnlich sieht. Was stört die Franzosen an einem Burkini? Warum aber können wir gut leben mit der Bademode orthodoxer Jüdinnen, die Männern ihr Bein nicht zeigen dürfen. Deren Leggins könnten zwar über dem Knöchel aufhören, der Rock über den Badeleggins aber müsse länger sein als beim Burkini, wie die Tel Aviver Designerin Marcy Rapp der NZZ erklärte. Wollen wir den verhüllten Jüdinnen Kleidervorschriften machen, über die Länge ihrer Röcke und Leggins? Ein schrecklicher Gedanke, aber bei Musliminnen ist laut Umfragen eine Mehrheit der Deutschen nicht so skrupulös.


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