Bayern 2 - Nachtmix


23

Zum 40. Geburtstag Cat Power

Chan Marshall covert Songs auf ihre eigene, spartanische Weise. Oasis und James Brown, Gnarls Barkley und Billie Holiday, Velvet Undergound und Johnny Cash, Gainsbourg und die Stones - Cat Power spielt sie alle durch.

Von: Sabine Gietzelt

Stand: 20.01.2012 | Archiv

Die Sängerin Chan Marshall alias Cat Power | Bild: picture-alliance/dpa

Die als sensibel bekannte Songwriterin Chan Marshall, die als "Cat Power" auftritt, war im Nachtmix bereits 1998 zu Gast, lange bevor sie "The Greatest" mit erfahrenen Soulmusikern aus Memphis aufgenommen hat, mit dem sie ihren kommerziellen Durchbruch hatte. Sie ist - wie so viele Musiker - bekennender Bob Dylan Fan, aber ihre Spezialität, Songs zu covern, greift in alle Genres und Zeiten: Oasis und James Brown, Gnarls Barkley und Billie Holiday, Smog und Frank Sinatra, Velvet Underground und Johnny Cash, Serge Gainsbourg und die Rolling Stones.... Cat Power spielt sie alle durch. Und sie macht es gut und auf ihre sehr eigene, spartanische Weise.

Sie strahlt etwas Unmittelbares aus und man kann sich kaum vorstellen, dass auch sie solch trivialen Zwängen wie dem Älterwerden  unterliegt. Aber es hilft nichts: auch Cat Power hat Geburtstag. Am 21. Januar 2012 wurde sie 40 Jahre alt.

Es scheinen schwierige Verhältnisse gewesen zu sein, in denen Cat Power alias Chan Marshall aufgewachsen ist. Der Vater war Musiker, viel unterwegs. Die Mutter hatte psychische Probleme. Und wie so oft bei kreativen Menschen war Musik ihr Rettungsanker. Ihre erste Band hatte sie bereits zu Hause in Atlanta. Sie spielte aber mehr in Gesellschaft von Freunden und eher in Wohnzimmern als auf Bühnen. 1990 verließ Chan Marshall Atlanta und ging nach New York, wo sie ihre Liebe zu experimentellerer Musik entdeckte und den Mut fand, sich auf die Bühne zu stellen. 

Faszinierende Offenheit: Cat Power

Dort, auf der Bühne, bekommt ihr Publikum auch heute noch die faszinierende und auch ein bisschen erschreckende Offenheit und Verletzlichkeit eines öffentlichen Menschen zu sehen. Allerdings ist genau das ihr Markenzeichen. "Naked If I Want To" heißt einer ihrer Songs, und wir fragen uns, ob dieser Songtitel Zufall sein kann, auch wenn es  - mal wieder-  eine Coverversion ist.  Bei ihren eigenen Songs, geht es aber immer um Dasselbe, wie sie sagt: Um Hoffnung und ums Durchhalten. Cat Power sieht ihre Songs als ihre eigene Wahrheit, nah an ihr Leben angelehnt, und das Einzige, was sich daran wohl je ändern könnte, wäre, wenn sie ein paar neue musikalische Möglichkeit finden würde, sich auszudrücken.  

Chan Marshall galt lange Zeit als unzuverlässig, sie brach Interviews und Shows ab, erzählte dies und jenes, was nicht stimmte und dann wieder das Gegenteil davon. Was auch nicht stimmte. Und es ist auch nicht ganz klar, wo und unter welchen Umständen sie in New York entdeckt wurde. War es, als sie im Vorprogramm von Liz Phair spielte oder doch eher leise vor sich hin klampfend ihre Lieder in ihrem Job in einem Copyshop trällerte. Und dort entdeckt wurde.

Klampfen und trällern

Cat Powers ersten beiden Platten wurden auf dem Label von Steve Shelley, dem Sonic-Youth-Schlagzeuger, veröffentlicht. Er und auch Tim Foljan von Two Dollar Guitar spielten auf Dear Sir und Myra Lee mit. Steve Shelley produzierte auch noch ihre dritte Platte. Aber da hatte Cat Power bereits einen ordentlichen Plattenvertrag bei Matador.

Gut in Erinnerung geblieben ist den meisten Cat Power Fans ihre Platte "The Greatest", nicht nur, aber auch wegen des auffälligen Plattencovers. Zwei goldene Boxhandschuhe auf rosa Untergrund  erschienen im Januar 2006. Es war Cat Powers Durchbruchsalbum und sie war damit sogar im Formatradio angekommen.

The Greatest war Chan Marshalls siebte Platte, aufgenommen in Memphis  in den Ardent Studios, wo bereits Bob Dylan und viele Stax Platten aufgenommen worden sind. Mit Cat Power im Studio, ein Teil der Memphis Rhythm Band, alte erfahrende Profi-Musiker, die den Memphis Sound erheblich geprägt haben. Cat Power war also plötzlich angesagt.

Werbeverträge, Model-Jobs und Auftritte in Filmen wie Blueberry Nights von Wong Kar Wai kamen plötzlich um die Ecke. Der Erfolg, so möchte  man glauben, hätte ein Sensibelchen wie Chan Marshall stärken können, doch das Gegenteil war der Fall.  Ihr Ruf als chaotischer und unberechenbarer Künstlerin  war allmählich zu einem festen Bestandteil ihrer Biografie geworden. 

Kurz nachdem "The Greatest" veröffentlicht war, zog sich Chan Marshall zurück, beschloss, keine Platten mehr zu machen und keine Interviews mehr zu geben. Tat sie dann aber doch wieder,  erzählte von ihren Problemen, von einer Depression, aus der sie nicht mehr herauskam und die schließlich zu einer Alkoholabhängigkeit führte, die sie aber bewältigt zu haben meinte. 

2006 spielte Cat Power beim Bavarian Open Festival im BR

Im Jahre 2006 stand sie auf der Bühne auf dem Bavarian Open Festival im Bayerischen Rundfunk als Headliner. Auf der Bühne tanzend, singend, rauchend und in scheinbar bester Verfassung. Ihr zur Seite The Dirty Delta Blues, eine Band, die sie immer wieder begleitete. U.a. dabei Judah Bauer von der Jon Spencer Blues Explosion und Jim White von den australischen Dirty Three.

Immer wieder macht Cat Power Platten, auf denen sie Coverversionen spielt, und auch auf Konzerten gibt es fast regelmäßig Versionen von Songs zu hören, die einem bekannt vorkommen. Cat Power hat Bob Dylan ebenso wie Oasis' "Wonderwall" im Repertoire, sie spielt Nick Cave Songs, Billie Holiday, Johnny Cash, Velvet Underground, Frank Sinatra, Smog, James Brown und Gnarls Barkely und hat alle Genres und fast jede Musik-Ära im Programm. Mit Serge Gainsbourgs Klassiker "Je t'aime" im Duo mit Karen Elson ist Cat Power auch als Ikone in der lesbischen Community angekommen.

"Je t'aime" mit Gainsbourg

Jeder Musiker sei irgendwann an Tradition interessiert und fängt an, Songs zu covern, sagt Cat Power zu ihrer Vorliebe für Coverversionen. Es sei doch eine gesunde Art, die Vergangenheit in die Moderne zu übersetzen, was ja auch schon die Stones gemacht haben, damals auf ihrer ersten Platte, und das ginge genauso mit modernen Songs in eigener Interpretation

Aber nicht nur Coverversionen, auch Gastauftritte mit anderen Bands und Musikern ist eine oft praktizierte Spezialität von Chan Marshall, wie Cat Power ja eigentlich heißt. Chan Marshall sang mit Beck, mit Giant Sand, mit Handsome Boy Modeling School, mit Faithless, und selbst der Hip Hop wurde auf sie aufmerksam. Sie sang mit El–P, arbeitete mit Yoko Ono, schrieb Songs mit Pearl Jams Eddie Vedder und Foo Fighters' Dave Grohl. Jede Menge Prominenz und das von Anfang an in ihrer Karriere.

Eines ihrer neuesten Stücke heißt "The King Rides By". Es ist allerdings nicht wirklich neu, es war schon zu hören auf ihrer 1996ger Platte "What Would The Community Think" und ist nun als Remake zu haben auf Cat Powers  Homepage gegen eine Spende, die an ein Kinderhilfswerk geht. Es ist aber wohl auch ein Vorbote auf ein neues Album, das wir in Kürze von Cat Power erwarten dürfen.


23